31. Oktober 2016

Regeln zum Umgang mit iPads

Die iPads an der Sekundarschule in Aadorf sind ein heisses Eisen. Seit Beginn des neuen Schuljahrs besitzt jeder der 300 Schüler ein Tablet für den Unterricht und nimmt es danach mit nach Hause (siehe Kasten). Laut Aussage zweier Mütter ärgern sich etwa 20 Eltern über die stete Präsenz des Geräts am Familientisch. Ihr Vorwurf: Die Schule entziehe sich der Verantwortung für die Tablets, es gebe keine klaren Regeln für den Gebrauch nach Ende der Schule, die Kinder müssten stets erreichbar sein (siehe «Land­bote» vom 13. September).
Nach 18 Uhr keine Lehrermails mehr, Bild: Keystone
Zwei Sekundarschulen und ihre Handhabung der iPads, Landbote, 31.10. von Jonas Gabrieli

Nun hat die Schulleitung reagiert und eine Liste mit «Ergänzungen im Umgang mit dem iPad» an die Eltern verteilt. Der Inhalt: keine Lehrer-Mails nach 18 Uhr, keine Game- oder Social-Media-Apps auf dem Schul-iPad, keine unerlaubten Fotos, keine Benützung in den Pausen und «idealerweise» sollten alle Aufträge bis 21 Uhr erledigt sein. Welche Konsequenzen die Schüler bei einem Verstoss fürchten müssen und wie oft die Geräte kon­trolliert werden, bleibt unklar. Die Kritiker/-innen sagen, dass es kaum aktive Kontrollen gebe. «Ausserdem wissen die Jugend­lichen wahrscheinlich besser als die Lehrpersonen, wie sie ihre Spuren verwischen oder löschen können», sagt eine Mutter. Schulpräsident Martin Köstli widerspricht: «Wir werden auch in Zukunft Kontrollen durchführen und auftauchende Probleme zusammen mit den Betroffenen lösen.» Dazu werde die Schule weiterhin mit Schülern und Eltern in Kontakt treten und Hinweise und Fragen ernst nehmen. Ein Informationsabend für die Eltern ist jedoch weiterhin nicht geplant.

Seit vier Jahren iPads
Aadorf ist nicht die erste Schule mit iPads. Bereits seit mehreren Jahren rüsten die Sekundarschulen in Elsau und Andelfingen ihre Klassen mit Tablets aus. Diese Woche verteilte die Sekundarschule Andelfingen bereits zum vierten Mal Tablets. Es begann 2012, als die Schule ein Pilotprojekt mit einer Klasse startete. «Im Wissen, dass es auch scheitern könnte», sagt Thomas Staub, der das Projekt in Andelfingen leitet und Praxisdozent an der Pädagogischen Hochschule Zürich ist. Ausserdem berät er die Sekundarschule in Elsau beim iPad-Projekt. «Wenn die Tablets nicht in eine Vision eingebettet sind, wenn nicht alle involvierten Personen eingeführt werden, dann scheitert ein solches Projekt», sagt Staub.
Während des einjährigen Pilotprojekts wanderten die Tablets quartalsweise von Klasse zu Klasse. Danach entschied sich die Schulleitung, das Projekt auf den Jahrgang 2013/14 anzuwenden. Anders als in Aadorf werden die iPads jeweils erst nach den Herbst- statt nach den Sommerferien an die Schüler ausgehändigt. «Die Jugendlichen sollen zuerst einmal an der Schule ankommen und mit den neuen Abläufen vertraut werden», sagt Staub.
Er legt sehr viel Wert darauf, die Eltern von Anfang an mit einzubeziehen. «Ein, zwei Wochen nachdem wir die iPads verteilt und erklärt haben, laden wir die Väter und Mütter zu einem Informationsabend ein. Die Schüler zeigen dann den Eltern, was sie in den ersten Tagen mit dem Tablet gelernt haben», sagt Staub. Die Kinder leiten die Workshops, die Eltern sind in der Schülerrolle. Laut Schulleiter Hermann Wyss probieren die Eltern im Anschluss das Tablet selber aus und stellen am Ende des Abends Fragen. «Viele sind beeindruckt, was ihr Kind in wenigen Wochen gelernt hat», sagt Wyss. Staub betont, dass es auch an der Sekundarschule Andelfingen kritische Stimmen gebe: «Wir versuchen gerade deshalb die Eltern von Anfang an mit ins Boot zu holen.»

Apps runterladen verboten
Für Staub liegt «der Leitmedienwechsel in der Luft». Die Lebenswelt von Jugendlichen sei heute massiv geprägt von diesen Ge­räten. «Wir haben die Aufgabe, den Schülern zu zeigen, dass dies nicht nur Spielzeuge, sondern auch Werkzeuge sind», sagt Staub. In Andelfingen ist das Runterladen von jeglichen Apps deshalb verboten, bei Übertretungen wird das Gespräch mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern gesucht.
Bezüglich Konsequenzen gesteht Staub jedoch eine gewisse Hilflosigkeit ein. «Man kann einem Jugendlichen das Gerät nicht für immer wegnehmen, wenn er eigentlich damit arbeiten muss.» Damit schneide man sich letzten Endes ins eigene Fleisch. Die Stichkontrollen lägen im Ermessen der Lehrpersonen. «Bald haben wir dafür auch eine technische Lösung, mit der die Lehrerinnen und Lehrer von ihrem Gerät aus sehen, was jeder einzelne Jugendliche auf seinem Tablet gerade macht», sagt Staub. Dies sei von einigen Lehrpersonen gewünscht worden. «Denn es gibt Jugendliche, die sich durchaus ablenken lassen und die man enger führen, genauer kontrollieren muss», sagt Staub. Wenn er sich jedoch an seine Zeit am Gymnasium erinnere, kämen ihm vor ­allem viele vollgezeichnete Hefte in den Sinn. «Schüler in dieser Lebensphase sind noch nie wahnsinnig aufmerksam gewesen», ­relativiert er. 


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