17. April 2016

Thurgauer Regierung will in Sachen Lehrplan nicht auf die Bremse treten

Die Initianten der Volksinitiative gegen den neuen Lehrplan werfen der Thurgauer Kantonsregierung vor, die bevorstehende Volksabstimmung zu ignorieren. Die Regierung beruft sich auf das geltende Recht. Jetzt verschärft sich der Ton.











Am 3. November 2015 wurden die Unterschriften übergeben, Bild: Reto Martin
Unfreundlichkeiten zum Lehrplan 21, St. Galler Tagblatt, 14.4., von Christian Kamm


In einer gestern verbreiteten Medienmitteilung wird scharf geschossen. Der Regierungsrat offenbare nicht nur ein «selbstherrliches Machtgebaren», schreibt das Initiativkomitee «Für eine gute Thurgauer Volksschule». Seine Haltung lasse auch «ernsthaft am Demokratieverständnis zweifeln».

Starker Tobak. Hintergrund der Vorwürfe: Die Initianten befürchten ein Fait accompli bei der Abstimmung über ihr Volksbegehren, welches gegen den neuen Lehrplan gerichtet ist. Die «Einführungsmaschinerie» für den Lehrplan laufe auf Hochtouren, lautet der zentrale Vorwurf, ohne dass auf die bevorstehende Abstimmung über die Volksinitiative Rücksicht genommen werde. Und: «Der Regierungsrat will ganz offensichtlich in Sachen Lehrplan Fakten schaffen, bevor das Volk ihm das Recht dazu entzieht.»

Umfassend diskutieren

Das Komitee verlange keinen Marschhalt, sagt Co-Präsident Felix Huwiler auf Anfrage. Wohl aber eine Verlangsamung des Fahrplans und darüber hinaus eine umfassende Diskussion. Die Kantonsregierung müsse aus Respekt gegenüber den unterschiedlichen Meinungen auf die Bremse treten und sich einer breiteren Diskussion über den Lehrplan stellen. Immerhin hätten rund 5000 Stimmbürger die Initiative unterschrieben und forderten eine demokratische Abstützung von Lehrplänen, sagt Huwiler. Ziel des im Thurgau lancierten Volksbegehrens ist es, dass Lehrpläne künftig vom Grossen Rat genehmigt werden müssen und dem fakultativen Referendum unterstehen. Heute erlässt der Regierungsrat sie in eigener Kompetenz.

An diesem Punkt prallen denn auch die Meinungen aufeinander. Der Regierungsrat verweist in seiner Beantwortung eines Briefs von Komiteemitgliedern darauf, dass die Arbeiten zur Einführung des neuen Lehrplans im Thurgau bereits 2012 begonnen hätten – also lange vor der Einreichung der Volksinitiative am 3. November 2015. Zudem verändere die Einreichung einer Initiative allein noch kein Recht, betont die Kantonsregierung. «Wenn jeder blosse Änderungsvorschlag bewirken könnte, unser geltendes Recht ausser Kraft zu setzen, geriete unser Rechtsstaat völlig aus den Fugen.»

Vorschlag zur Güte

Urs Schrepfer (SVP, Busswil), Schulleiter und Präsident der vorberatenden Kommission, die sich mit der Initiative befasst, teilt die Auffassung des Regierungsrates. Es dürfe nicht sein, dass man durch das Sammeln von Unterschriften alle Arbeiten, die seit 2012 gemacht worden seien, stoppen könne. «Das kommt nicht in Frage.»

Gleichzeitig plädiert Schrepfer aber dafür, die Situation emotional zu entschärfen. Indem etwa bereits im November über die Initiative abgestimmt würde, also noch vor dem formellen Beschluss des Regierungsrat über den Lehrplan. «So verlieren wir nur anderthalb Monate gegenüber dem Fahrplan.» Das sei zwar zeitlich ehrgeizig, aber unter Umständen machbar, sagt Schrepfer. Gleichzeitig betont er, dass das seine persönliche Meinung als Kantonsrat sei. «Am Schluss ist es das Grossratsbüro, das über Termine entscheidet.»


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