19. Oktober 2015

Baselbieter Initiative will raus aus Passepartout

Die "Starke Schule Baselland" sammelt Unterschriften für den Austritt aus dem Fremdsprachenprojekt "Passepartout".





















Übungsblatt aus dem Französisch-Lehrmittel 'Mille feuilles', Bild: profil-online.ch
Initiative fordert Ausstieg aus dem Fremdsprachen-Projekt "Passepartout", Basellandschaftliche Zeitung, 15.10. von Julia Gohl


Seit Jahren erhalten die Schüler von Marianne Lander im Lager dasselbe Aufgabenblatt mit französischen Fragen. «Obwohl meine derzeitige Klasse bereits seit mehr als zwei Jahren Französisch lernt, also ein Jahr länger als meine bisherigen Klassen, waren die Schüler erstmals nicht in der Lage, die Wörter ‹pain›, ‹beurre› und ‹lait› richtig zu interpretieren und zu übersetzen», erzählte die Lehrerin einer 5. Primarklasse gestern an einer Medienkonferenz des Komitees «Starke Schule Baselland». Dort unterstützte sie den Verein gegen einen gemeinsamen Feind, den sie als Grund für das schlechte Abschneiden ihrer Klasse vermutet: das «Passepartout»-Projekt.
Die «Starke Schule» möchte, dass der Kanton Baselland bei diesem Projekt nicht mehr mitmacht und lancierte gestern deshalb die Initiative «Stopp dem Verheizen von Schüler/-innen: Ausstieg aus dem gescheiterten Passepartout-Fremdsprachenprojekt».
«Passepartout» wurde von sechs Kantonen gemeinsam erarbeitet, darunter die beiden Basel. Es sieht vor, dass alle Schüler bereits in der Primarschule zwei Fremdsprachen lernen, zuerst Französisch, dann Englisch. Der Unterricht basiert auf Sachtexten aus der Alltagswelt statt mit extra konstruierten Standardsätzen und Dialogen. Das Erlernen von Grammatik steht dabei nicht im Zentrum, sondern wird erst auf der Sekundarstufe zum Thema.

Unbrauchbare Lehrmittel
Die «Starke Schule» ist überhaupt nicht von diesem seit 2012 im Baselbiet laufenden Projekt überzeugt. «Seit mehreren Monaten erhalten wir zunehmend Mitteilungen von besorgten Primarlehrpersonen und Eltern, die heftige Kritik äussern», erläuterte Saskia Olsson. Die Geschäftsleiterin des Komitees kritisiert unter anderem, dass den Schülern kein praxistauglicher Wortschatz beigebracht werde und dass die Lehrer dazu angehalten werden, ihre Schüler bei falscher Schreibweise oder Aussprache nicht zu korrigieren. Die Lernstrategien würden die Kinder überfordern und das Erreichen traditioneller Sprachlernziele verunmöglichen. Für sie ist klar: Die neuen Lehrmittel sind unbrauchbar, das Projekt gescheitert.
Mit einer zweiten gestern lancierten Initiative doppelt die «Starke Schule» nach: «Stopp der Überforderung von Schüler/-innen: Eine Fremdsprache auf der Primarstufe genügt». Denn nicht nur die Didaktik bereitet dem Verein sorgen. «Die aus dem Kanton Zürich vorliegenden Erfahrungen mit zwei Fremdsprachen in der Primarschule zeigen, dass mindestens ein Drittel der Schüler auch die minimalsten Lernziele in den beiden Fremdsprachen nicht erreichen konnte», sagte Jürg Wiedemann vor den Medien. Das Vorstandsmitglied der «Starken Schule» führte ausserdem eine Studie von Uni-Zürich-Professorin Simone Pfenninger an, in der sie zum Schluss kommt, dass Jugendliche im Fremdsprachenunterricht schneller lernen als Kinder.
Mit den beiden gestern lancierten Initiativen möchte die «Starke Schule» wieder zum früheren Standard zurückkehren: In der Primarschule soll nur Französisch unterrichtet werden, Englisch folgt in der Sekundarstufe, wie es bis 2014 der Fall war. Ausserdem sollen im Fremdsprachenunterricht neben dem Mündlichen auch Grammatik, Grundwortschatz und Orthografie wieder im Zentrum stehen.


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