22. April 2015

Lehrplan 21 bleibt bei Regierung

Der Lehrplan 21 wird in Graubünden nicht einem fakulativen Referendum unterworfen. Ein entsprechender Antrag der SVP unterliegt im Grossen Rat.
Lehrplan 21 kommt nicht in Grossen Rat, Südostschweiz, 22.4. von Milena Caderas


Der Lehrplan habe gar nicht so viel Einfluss auf die Schule, hat Regierungspräsident Martin Jäger während der Lehrplan-21-Debatte gestern im Grossen Rat betont. «Bei mir damals hat der Lehrplan im Kasten Staub angesetzt», erinnert sich Jäger. Und er sei kein untypischer Lehrer gewesen. «Viel entscheidender sind die Lehrmittel», so der SP-Regierungsrat. Und jene des Zürcher Lehrmittelverlags, die im Kanton mit Abstand am meisten verwendet werden, seien alle Lehrplan-21- kompatibel.
Referendum gefordert
Trotzdem widmete sich der Grosse Rat gestern Nachmittag gut zwei Stunden der interkantonalen Harmonisierung der Bildung. Mit einem Fraktionsauftrag wollte die SVP Lehrpläne in Zukunft dem fakultativen Referendum unterstellen. In ihrer Antwort hielt die Regierung fest, dass der Lehrplan nur einem fakultativen Referendum unterworfen werden kann, wenn in Zukunft der Grosse Rat Lehrpläne erlässt – und nicht wie heute die Regierung. Es bräuchte eine Teilrevision des Schulgesetzes. Schon bei der Totalrevision des Volksschulgesetzes von 2012 ist die bewährte Kompetenz-Ordnung beibehalten worden.
Mit dem neuen Lehrplan sei die Bodenhaftung verloren gegangen, betonte Initiant Jan Koch (SVP, Fünf Dörfer). Wenn der Lehrplan 21 zu komplex für den Bündner Grossen Rat sei, laufe etwas falsch, so Koch. So eine wichtige Bildungsfrage dürfe nicht einfach am Volk vorbei entschieden werden. Keine Frage, dass die Legislative die richtige Behörde sei. «Der Lehrplan darf auf keinen Fall zum Spielball von politischen Launen werden», meinte derweil Sandra Locher Benguerel (SP, Chur). In keinem anderen Kanton sei das Parlament und nicht die Regierung für den Lehrplan zuständig.
Das Bündner Parlament beschäftigte unter anderem die Frage: Stellen sich die Auftragssteller um Jan Koch denn vor, dass jeder Bündner Stimmberechtigte vor dem Abstimmungssonntag den 470 Seiten dicken Lehrplan nach Hause geschickt bekommt und im Detail studiert?
Viel zu reden im Grossrats-Saal gab ausserdem die Situation in romanisch- sprachigen Gemeinden. Was das vorgesehene Koexistenzmodell von Rumantsch Grischun und den jeweiligen Idiomen angeht, hat sich Regierungspräsident Jäger noch einmal mit der romanischen Dachorganisation Lia Rumantscha in Verbindung gesetzt, wie er gestern erklärte.
Mit 83:24 Stimmen (bei zwei Enthaltungen) hat der Grosse Rat schliesslich an bewährten Kompetenzen festgehalten. Auch künftig wird also die Regierung über Lehrpläne entscheiden.
Abstimmung in Sicht
Trotz der ganzen Diskussionen dürfte das Volk das letzte Wort haben. Gegen den Lehrplan 21 ist nämlich eine Initiative angekündigt (Ausgabe vom Montag). Eine Gruppe von Nicht-Politikerinnen und -Politikern haben der Standeskanzelei den Initiativtext zur Vorprüfung eingereicht. In den nächsten Tagen wollen die Initianten ihre Initiative der Öffentlichkeit vorstellen. Daran, dass die benötigten Unterschriften zustande kommen, liessen gestern mehrere Grossrätinnen und Grossräte in ihren Voten keine Zweifel aufkommen.
Noch braucht es Geduld
Mit der Rechnung 2015, voraussichtlich in der Junisession 2016, will Jäger das Parlament im Detail über den Bündner Lehrplan informieren. Dann sollen auch noch offene Fragen wie etwa jene nach den (Minder-)Kosten für die Gemeinden geklärt werden.
Einführen will Graubünden den neuen Lehrplan gemäss Jäger dann auf das Schuljahr 2018/19. Wegen der komplexen Ausgangslage im einzigartigen dreisprachigen Kanton will der Bündner Bildungsdirektor nichts überstürzen. Graubünden wird aller Voraussicht nach in der Ostschweiz der letzte Kanton sein, welcher den Lehrplan 21 einsetzt.


1 Kommentar:

  1. Diejenigen, die den Lehrplan 21 geschrieben haben, sind dieselben, die auch die Lehrmittel schreiben. Das weiss auch Martin Jäger, und es entlarvt mit aller Deutlichkeit die Unredlichkeit in seiner Argumentation. Hier wird schlicht der Filz zwischen den Lehrmittelverlagen und der Bildungsbürokratie zelebriert.

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