27. März 2015

Zivilcourage statt Schulpsychologen

Sefika Garibovic ist Expertin für Nacherziehung und Konfliktmanagement. Sie arbeitet mit Problemkindern. In erster Linie seien die Eltern gefragt, sagt sie im Interview. Von Seiten der Schule sei ein klarer Auftritt nötig.




Garibovic: "Die Jugendlichen brauchen Erziehung, keine Sozialarbeiter". Bild: zfg

"Schulpsychologen bringen wenig, es braucht mehr Zivilcourage!" Aargauer Zeitung, 26.3. von Fabian Hägler


Vor 29 Jahren kam Sefika Garibovic in die Schweiz, heute ist sie erfolgreiche Expertin für Nacherziehung und Konfliktmanagement. Garibovic stammt aus dem heutigen Montenegro, spricht also die Sprache vieler «Balkan-Machos» und kennt deren kulturellen Hintergrund.
Die Behörden sagen, im Aargau gebe es kaum Probleme mit «Balkan-Machos» – deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?
Sefika Garibovic: Nein, absolut nicht, rund drei Viertel meiner Klienten kommen aus dem Aargau. Es sind hier vielleicht etwas weniger Jugendliche, die aus Balkanländern stammen, dafür mehr Italiener, Portugiesen und Schweizer. Aber das Problem, dass Jungs ohne Erziehung die Mädchen beleidigen und sexuell belästigen, ist im Aargau sicher nicht kleiner als in anderen Kantonen.
Laut dem Bildungsdepartement gibt es Schulsozialarbeit, Präventionskonzepte, den schulpsychologischen Dienst und das Inspektorat – sind das die richtigen Mittel, um das Problem anzugehen?
Aus meiner Sicht bringt das alles wenig – die Kinder und Jugendlichen brauchen Erziehung, keine Sozialarbeiter oder Psychologen, die ihnen zuhören. Wenn die Jungs ein Mädchen als Nutte bezeichnen und sie begrabschen, zeigt dies auf, dass ihnen niemand Grenzen setzt, dass sie keinen Respekt haben.
Wie vermittelt man den schwierigen Jugendlichen denn anständiges Verhalten und Respekt? Bringt es etwas, sie für ein Timeout von der Schule zu nehmen und in einem Betrieb arbeiten zu lassen, in die Therapie zu schicken, in ein Heim zu stecken?
Das ist alles sehr teuer, aber mit solchen Massnahmen wird das Problem nur verschoben. Nach einer gewissen Zeit ist das Time-out vorbei, die Therapie beendet oder der Jugendliche kehrt aus dem Heim zurück. Doch das Verhalten der Jungs hat sich dadurch nicht geändert, viele schauen es sogar als Prestige-Sache an, dass sie im Heim waren.
Wie lässt sich das Problem mit diesen Jugendlichen denn lösen?
In erster Linie sind ganz eindeutig die Eltern gefragt, die ihren Kindern unbedingt Anstand, Respekt und korrektes Verhalten beibringen müssen. Es ist ihre Aufgabe, die Kinder zu erziehen, den Jungs zu zeigen, wie man mit Mädchen umgeht, dass es nicht akzeptabel ist, sie zu beleidigen und ihnen an Brüste und Po zu fassen. Andererseits müssen die Eltern auch den Mädchen beibringen, dass sie sich nicht als Sexobjekt kleiden und jedem Jungen an den Hals werfen sollen.
Und was kann die Schule, was können die Lehrpersonen tun?
Auf jeden Fall dürfen sie nicht wegschauen, stattdessen sind Zivilcourage und ein klarer Auftritt nötig. Wenn ein Lehrer einen Vorfall mitbekommt, muss er den Jugendlichen zur Rede stellen und ihm ganz klar sagen, welche Grenzen für ihn gelten. Jugendliche sehnen sich nach klaren Strukturen, nach Vorbildern, nach Führung. Da braucht es manchmal auch ein autoritäres Auftreten: Die Schüler müssen merken, dass der Lehrer der Chef ist, sie müssen ihn respektieren.
Oder man schickt Jugendliche zur Nacherziehung zu Ihnen . . .
Das ist natürlich auch eine Möglichkeit, aber ich würde mich freuen, wenn ich in diesem Bereich weniger Klienten hätte. Das geht aber nur, wenn die Eltern und Lehrpersonen ihre Aufgaben erfüllen. Momentan ist die Nachfrage noch sehr gross.


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