22. Februar 2015

Auch Zürich startet Frühfremd-Initiative

Auch der Kanton Zürich soll über die Frühfremdsprachen abstimmen. Eine entsprechende Initiative steht vor der Lancierung. Sie will die Primarfremdsprachen auf eine reduzieren, lässt aber offen, ob es Englisch oder Französisch sein soll. Die Exponenten der Bildungspolitik reagieren nervös bis gereizt.



 Die Zürcher Initiative soll insbesondere auch den Nidwaldnern Mut machen. Dort läuft ein hitziger Abstimmungskampf, Bild: Stefano Schröter

Zürcher Lehrer befeuern Sprachen-Streit, NZZaS, 22.2. von René Donzé



Die Opposition gegen zwei Fremdsprachen in der Primarschule nimmt zu. Bis anhin hatte sich der Widerstand vor allem in der Zentral- und der Ostschweiz formiert. In Graubünden, Luzern und Nidwalden sind Initiativen eingereicht worden, anderenorts gingen die Gegner des Frühfranzösisch den Weg über das Parlament. Im Thurgau mit Erfolg.
Nun rückt auch im Kanton Zürich die Sprachenfrage auf die politische Agenda. Am Donnerstag wird eine Gruppierung von Lehrern und Politikern um den ehemaligen Zürcher Bildungsrat und Sekundarlehrer Hanspeter Amstutz eine Initiative aufgleisen. «Untersuchungen zeigen, dass der frühe Fremdsprachenunterricht, wie er heute stattfindet, nur sehr bescheidene Resultate bringt», sagt er.
Die Initianten wissen in der Sache eine Mehrheit der Lehrer hinter sich. In einer Umfrage des Zürcher Lehrerverbands (ZLV) haben sich 75 Prozent für nur eine Fremdsprache in der Primarschule ausgesprochen. Formell unterstützt wird die Initiative zum jetzigen Zeitpunkt erst von den Mittelstufenlehrern, wie deren Präsident Harry Huwyler sagt.
Der ZLV setzt vorderhand noch auf Gespräche mit der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK). «Die Mehrheit der Lehrer will keine Insellösung», sagt ZLV-Präsidentin Lilo Lätzsch. Allerdings hat die EDK in letzter Zeit wiederholt bekräftigt, am Modell mit den zwei Fremdsprachen in der Primarschule festzuhalten. «Gibt es keine Lösung, bleibt wohl nur der Weg einer Initiative», sagt Lätzsch.
Hinter der Initiative steht auch das bildungspolitisch konservative Forum Kindgerechte Schule sowie die Gruppe Schule mit Zukunft, die 2006 in Zürich eine Abstimmung über das Frühfranzösisch herbeiführte. Damals sprachen sich 60 Prozent der Zürcher für Französisch an der Primarschule aus. Diesmal soll die Frage offener formuliert werden. Ob Englisch oder Französisch gestrichen würde, müsste die Politik entscheiden. Nicht zuletzt, weil die Lehrerschaft in dieser Frage gespalten ist. Die Initianten wollen nun Vertreter möglichst aller Parteien mit ins Boot holen.

Interveniert der Bund?
Der Zeitpunkt der Lancierung ist bewusst gewählt. Die Zürcher Fremdsprachen-Skeptiker wollen ein Zeichen nach Nidwalden senden, wo am 8. März eine ähnliche Initiative an die Urne kommt. Dieser Abstimmung wird auf Bundesebene und in der Romandie hohe symbolische Bedeutung beigemessen. Bei einem Ja würde voraussichtlich Französisch auf die Oberstufe verlegt. «Die Nidwaldner Abstimmung wird uns ein Signal geben», sagt die Waadtländer Staatsrätin Anne-Catherine Lyon, die Präsidentin der welschen Erziehungsdirektoren.
Auf dem Spiel steht der nationale Sprachenkompromiss mit der ersten Fremdsprache spätestens ab der dritten und der zweiten Fremdsprache ab der fünften Klasse - vor allem auch, weil sich bereits das Thurgauer Parlament gegen Frühfranzösisch ausgesprochen hat und die Kantone Appenzell Innerrhoden und Uri Sonderlösungen gewählt haben. «Mit jedem zusätzlichen Kanton, der einen solchen Weg beschreitet, steigt die Legitimität einer Bundesintervention», sagt Lyon. Auch EDK-Präsident Christoph Eymann glaubt, dass der Bund nicht mehr lange zuschaut. «Es ist davon auszugehen, dass nach einem allfälligen Ja der Nidwaldner Stimmbevölkerung eine gesetzliche Lösung angestrebt wird.»

Vorbereitung für Gesetz
Eine solche wollen die Erziehungsdirektoren aber vermeiden. Eine Intervention des Bundes wäre verfrüht, sagt Eymann. Der Bundesrat müsse die Bilanz der EDK über die Schul-Harmonisierung im Sommer 2015 abwarten. In der Zwischenzeit aber hat Bersets Bundesamt für Kultur (BAK) einen Bericht darüber vorgelegt, in dem es aufzeigt, wie eine Bundeslösung aussehen könnte: Im nationalen Sprachengesetz würde der Unterricht in einer zweiten Landessprache auf der Primarschulstufe vorgeschrieben.

Im BAK-Bericht steht auch, dass der Bund durchaus schon vor dem Sommer mit der Vorbereitung eines Gesetzes beginnen könnte, sollten noch mehr Kantone ausscheren. Ob dies schon nach einem Nidwaldner Ja der Fall wäre, will beim Bund niemand sagen. «Es ist Sache der politischen Behörden, das allfällige Scheitern einer harmonisierten Lösung festzustellen», sagt BAK-Sprecherin Anne Weibel. «Das BAK hat bis heute keinen Auftrag erhalten, die gesetzgeberischen Vorarbeiten aufzunehmen.»

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