20. März 2014

Der erste Stein

In der Schweiz ist es nicht üblich, dass Mitarbeiter einer PH eine andere PH kritisieren. Sie sitzen ja auf dem selben Ast, denkt man. Nun ist dieses Tabu gebrochen von einem Mitarbeiter der PHZH, welcher über die PHNW sagt, diese "habe die Entwicklung verschlafen".




Dr. rer. nat. David Golay ist Dozent an der PH Zürich und Mitglied der Starken Schule Baselland und der Bildungsgruppe der Grünen Baselland

Die Pädagogische Hochschule hat die Entwicklung verschlafen, Basler Zeitung, 20.3. von David Golay


Gegen eine echte Harmonisierung der Schulsysteme zwischen den Kantonen ist nichts einzuwenden. Zu Recht wird jeweils erwähnt, dass 56 Prozent der Baselbieter sich 2010 für einen Beitritt zu Harmos entschieden haben. Was dem kantonalen Stimmvolk wie auch vielen Bildungsgelehrten damals jedoch nicht bekannt war: welche Früchte das Projekt Harmos heute nach nun vier Jahren tatsächlich trägt.
Geworben wurde damit, dass den Schülerinnen und Schülern, die während ihrer Schulzeit einen Kantonswechsel vollziehen, keine Defizite entstehen. Die heutige Situation zeigt, nicht einmal mehr von einer «gewissen Harmonisierung» kann die Rede sein. Schülerinnen und Schüler treffen in unterschiedlichen Kantonen auf unterschiedlichste Fächerkombinationen und Lektionendotationen der einzelnen Fächer.
Keine Lehrer für neue Fächer
Man muss nicht Bildungsexperte sein, um zu verstehen, dass unter den derzeit herrschenden Bedingungen die neue Struktur unseren Schülerinnen und Schülern nur schaden kann. Für die neuen Fächerkombinationen (zum Beispiel «Natur und Technik», «Räume, Zeiten, Gesellschaft», «Ethik, Religionen, Gemeinschaft»), die von Harmos diktiert werden, stehen derzeit keine ausgebildeten Lehrpersonen zur Verfügung.
Die Pädagogische Hochschule unserer Region hat diese neue Entwicklung komplett verschlafen und ist bis heute nicht in der Lage, adäquate Studien­profile für künftig auszubildende Lehrkräfte bereitzustellen. Bestehende Lehrpersonen werden im Kanton Basel-Landschaft ungenügend weitergebildet, da der Kanton bekanntlich über keine finanziellen Ressourcen verfügt.
Dem Druck nicht nachgeben
Wären die Finanzen trotzdem ­gesichert, würde es Jahre dauern, bis kompetente Lehrkräfte in den Schul­stuben stehen würden. Ist das unseren Schülerinnen und Schülern zumutbar?
Wir können die Idee von harmonisierten Schulen nur umsetzen, falls genügend Zeit und Geld vorhanden ist. Beides ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfüllt. Es wäre pädagogisch fatal, dem derzeitigen, unverzüglichen Realisierungsdruck eines in Bälde scheidenden Bildungsdirektors nachzugeben und sich mit einem halb fertigen, wenig durchdachten Produkt schnellstmöglich auf den Weg zu begeben.
Zu meinen, wir begännen einfach mal, es werde sich dann schon ein­renken, ist blauäugig. Harmos ist unter den heutigen Voraussetzungen zu refüsieren.

Wir können die Idee von harmonisierten Schulen nur mit genügend Zeit und Geld umsetzen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen