30. April 2013

Neue Führung für PH Graubünden

Die Pädagogische Hochschule Graubünden (PHGR) in Chur steht ab dem nächsten Jahr unter neuer Leitung. Der Hochschulrat wählte Gian-Paolo Curcio zum Rektor. Curcio folgt auf Johannes Flury, welcher in Pension geht. Der 37jährige Curcio arbeitet derzeit noch als Prorektor und Abteilungsleiter Grundausbildung an der PHGR, wie die Hochschule am Dienstag mitteilte. Er wuchs deutsch- und italienischsprachig im Wallis auf, die universitäre Ausbildung absolvierte Curcio in Freiburg und an der ETH Zürich.






Neuer Rektor der PHGR - Gian-Paolo Curcio, Bild: Südostschweiz

Quelle: sda

Quote für Schweizer Kinder

Ein Drittel der Kinder pro Schulklasse soll Schweizerdeutsch sprechen. Das will eine Motion im Kanton Basel-Stadt. Für eine bessere Integration seien ein Drittel Schweizer Kinder allerdings zu wenig, sagt ein Experte.
Quote für Schweizer Kinder in baselstädtischen Schulen, SRF Regional, 30.4. von Martin Jordan

Mehrjahrgangsklassen: Nützt's nichts, schadet's nichts

Mehrjahrgangsklassen sind kleiner als Jahrgangsklassen, kosten also mehr. Schüler leiden zwar nicht darunter, sie lernen aber auch nicht mehr. Trotzdem wird altersgemischtes Lernen im finanziell angeschlagenen Kanton Bern gefördert. In den Städten Bern und Thun sind 27 Prozent der Klassen Mischklassen.
Mehrjahrgangsklassen machen Schüler nicht schlauer, Berner Zeitung, 30.4. von Christoph Aebischer

Bessere Bildungschancen für Fremdsprachige

Auch Alain Pichard nimmt Stellung zur Idee einer besseren Durchmischung der Schulklassen in Basel-Stadt.
Quelle: Basler Zeitung, 30.4. Text zum Lesen anklicken.

Freie Schulwahl, mehr individuelle Verantwortung

Sollen Kinder in Bussen in andere Quartiere gefahren werden, damit die Schulklassen sprachlich besser durchmischt werden? Ein Kommentar von Dominik Feusi von der Basler Zeitung.

Eine breite von der SP angeführte Allianz im Grossen Rat von BaselStadt sorgt sich um die sprachliche Durchmischung der Schulklassen. Das ist neu. Bis anhin wurden ähnliche Vorstösse jeweils von der SVP eingereicht – und stets
bachab geschickt. Jetzt fordern besorgte Grossräte eine Quote von 30 Prozent schweizerdeutscher Kinder pro Klasse. Damit wird ein Thema salonfähig, das noch vor Jahren als politisch unkorrekt unter den Teppich gekehrt wurde. Reicht in Basel die Umteilung ins Nachbarschulhaus oder über den Rhein? In Deutschland gibt es Pläne, Kinder mit Bussen in die Schulen anderer Stadtteile zu fahren. Das Konzept stammt aus der Mottenkiste staatlicher Bevormundung. Sollen jetzt deutschsprachige Basler Kinder schaffen, was der Integrationsapparat des Stadtkantons nicht zustande bringt? Quotenkinder bringen nichts gegen Ghettos und nichts für die Integration. Soziale Durchmischung kann nicht mit Bussen erzwungen werden. Die Ghettoisierung hat mit Raumplanung und Steuern zu tun. Wo Boden viel kostet, sind Miet-preise hoch und Steuern tief. Dort wohnen mehrheitlich begüterte Schweizer. Wer es sich leisten kann, zieht dahin. Übrig bleiben Mittelstand und Unter-schicht, besonders fremdsprachige Familien. Die Trennung wird ausgerechnet durch den sozialen Wohnungsbau gefördert. Vergünstigte Wohnsiedlungen ziehen Unterschichten an. Und weil die Zuteilung der Kinder zu den Schulen staatlich verordnet wird, bildet sich die wirtschaftliche Trennung in wohlha-bende und arme Quartiere auch in der Schule ab. Wer sich eine Wohnung im teuren Quartier leisten kann, schickt seine Kinder auch mit Einheimischen in die Schule. Nicht wenige Eltern ziehen wegen der Schule in ein anderes Quartier. Das ist die freie Schulwahl für jene, die es sich leisten können. Die Lösung liegt weder bei Bussen, die Kinder quer durch die Stadt kutschieren, noch bei mehr staatlicher Planung und Zuteilerei gegen den Willen der Eltern. Sondern bei weniger Zwang: Verzicht auf staatliche Einteilung von Kindern in Schulhäusern, sondern freie Schulwahl für alle Eltern; keine Finanzierung von
Wohnsiedlungen, sondern direkte Hilfe an jene, die es brauchen. Weg von der kollektiven Rundumversorgung, zurück zur individuellen Verantwortung der Eltern für sich und ihre Kinder. Es ist zu befürchten, dass spätestens bei den konkreten Massnahmen die breite Koalition im Grossen Rat wieder in ihre ideologischen Ghettos zerfällt und die Ursachen der Ghettoisierung ignoriert werden.
Quelle: Basler Zeitung, 30.4.

Chancengleichheit für ausländische Kinder

In Basel-Stadt gibt es Klassen fast ohne Schweizer Schüler. Eine SP-Politikerin will dies nun ändern, indem die Kinder auf verschiedene Schulstandorte verteilt werden. Konkret soll eine Quote von rund einem Drittel Schweizerdeutsch sprechender Schüler in den Klassen erreicht werden.




Je nach Schulkreis grosse Unterschiede in der Herkunft der Schüler, Bild: Keystone

Schweizerdeutschquote an Schulen gefordert, Basler Zeitung, 30.4. von Nina Jecker

29. April 2013

Aargau rüstet Schulhäuser auf

Bald schon wird die grosse Schulreform im Aargau umgesetzt: Aus fünf Jahren Primarschule werden sechs. Diese Reform betrifft auch die Schulbauten, die auf Kosten der Gemeinden aufgerüstet werden müssen. Das kostet und im Aargau reibt man sich die Augen.




Im Sommer 2014 muss die Aargauer Schulreform umgesetzt sein, Bild: Aargauer Zeitung

Ein Schulhaus ist noch keine Schulreform, Aargauer Zeitung, 27.4.

Uri fördert Gesundheitserziehung

Der Kanton Uri definiert aufgrund einer Evaluation Massnahmen, um die Gesundheitsförderung nachhaltig an der Volksschule zu verankern.
Evaluation: Projekt Ernährung und Bewegung, Kanton Uri, 1.2.

28. April 2013

SP-Frau fordert Männerquote

Die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz fordert eine Männerquote an Primarschulen. Dabei geht sie von 30 Prozent Männern aus. "Man unternimmt seit Jahren zu wenig, damit Männer in den Lehrerberuf einsteigen. Dabei brauchen die Kinder auch männliche Vorbilder", sagt Fetz gegenüber dem Sonntagsblick.




Fetz will auf nationaler Ebene einen Vorstoss einreichen, Bild: Keystone

Anita Fetz fordert Männerquote bei der Lehrerausbildung, Basellandschaftliche Zeitung, 28.4.

Berner Schulklassen zu klein

Der Kanton Bern leistet sich relativ kleine Schulklassen. Verantwortlich dafür ist der ziemlich hohe Anteil von Mehrjahrgangsklassen, die sich längst nicht nur in Dorfschulen befinden. 
Zum Lesen bitte Grafik anklicken. Berner Schulklassen sind zu klein, Berner Zeitung, 27.4. von Christoph Aebischer

Gedanken zur Chancengleichheit

Michael Furger stellt fest, dass die Schweiz ein Problem mit den Eliten hat. Das wirkt sich aus bis ins Bildungssystem. Der Begriff "Chancengleichheit" sei "wie ein buntes Abziehbild auf jedem Reformpaket".

Die meisten von uns hatten nie die Chance, ins Kader des FC Bayern München berufen zu werden. Der Kosovo-Schweizer Xherdan Shaqiri hatte diese Chance. Ein Fall von krasser Chancenungleichheit. Man sollte etwas dagegen unternehmen. Am besten mit Fussballkursen in der Schule. Denn warum sollte nicht jeder die gleiche Chance haben, den Beruf des Fussballprofis zu ergreifen?
Im Ernst: Wenn Politiker und Beamte über Bildungsfragen brüten, folgen sie dieser Logik. Man lässt sich von der Frage leiten, wie man möglichst vielen zu einer Laufbahn verhelfen kann, für die sich nur wenige eignen. In der Sprache der Politik heisst das Chancengleichheit. Die Pisa-Studie hat einst ergeben, dass die Schweizer Volksschule soziale Unterschiede nicht genügend ausgleichen kann. Seitdem klebt der Begriff Chancengleichheit wie ein buntes Abziehbild auf jedem Reformpaket. Im Kanton Zürich etwa schicken einige Eltern ihre Kinder in private Vorbereitungskurse für die Gymi-Prüfung. Was die Kurse effektiv bringen, weiss niemand. Dennoch wollte die Regierung die Kurse jüngst für alle gratis anbieten, aus Gründen der Chancengleichheit. Weil das Parlament Nein sagte, wollen Linke die Prüfung nun ganz abschaffen. Andere Kreise fordern seit Jahren, den Zugang zu den Gymnasien und damit auch zu den Universitäten zu lockern.
Wenn wir ehrlich sind, geht es dabei um etwas anderes: um die diffuse Abneigung gegen die sogenannte Elite, gegen jene, die es - vermeintlich - weiter bringen. Man könnte annehmen, die Schweiz mit ihrem exzellenten Bildungswesen, ihrer weltweit führenden Innovationskraft und ihrem Reichtum habe ein unverkrampftes Verhältnis zum Begriff «Elite». Leider nicht. Er wird grossräumig umfahren. Es ist nicht lange her, da sass der damalige FDP-Präsident Fulvio Pelli an der ETH Zürich auf einem Podium über Eliteförderung und sagte: «Ich bin für die Eliteförderung, aber ohne <Elite> und ohne <Förderung>.» Die Universität St. Gallen, eine der international besten Wirtschaftsschulen, möchte lieber etwas anderes sein als eine Elite-Uni. Eine Erhebung ergab zwar, dass ihre Studenten aus privilegierten Elternhäusern stammen. Die Absolventen sitzen in Chefbüros grosser Firmen und tauschen sich über ein exklusives Netzwerk aus. Man sei aber nicht elitär, schreibt die Schule im Erhebungsbericht, sondern «gutbürgerlich». Ein Begriff, der eher an einen Landgasthof erinnert als an eine Universität. Im Tiefstapeln sind wir Schweizer wirklich gross.
Hören wir auf damit. Die Elite ist gut, es braucht sie, nur schon deshalb, weil sie einer Gesellschaft Triebkraft und dem Individuum den Ehrgeiz verleiht, den es braucht, um erfolgreich zu sein. Denn, und das ist entscheidend, die Schweizer Elite ist eine Leistungselite. Der ererbte Status zählt hier wenig, Anstrengung viel. Daher ist unsere Elite nicht exklusiv. Jeder kann es schaffen, ganz ohne Chancengleichheitsprogramme. Der Bundespräsident stammt aus einer Bauernfamilie und absolvierte eine KV-Lehre. Der Rektor der ETH Zürich ist der Sohn eines aus Italien eingewanderten Rangierarbeiters. Vermutlich hat er keine privaten Gymi-Prüfungs-Kurse besucht - und es trotzdem geschafft.
Wieso? Weil die Leistung zählte und weil das Schweizer Bildungssystem - allen Bedenkenträgern zum Trotz - schon heute so viel Chancengleichheit garantiert wie kaum ein anderes. Erstens ist exzellente Bildung hier für alle entweder gratis oder billig. Teure Privatschulen gibt es zwar, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie besser ausbilden als die staatlichen Schulen. Das ist in einigen Nachbarländern anders. Zweitens erlaubt die Durchlässigkeit jeden noch so queren Karriereweg. Auch wer eine Lehre absolviert hat, kann über die Berufsmatura und die Fachhochschule zu einem Uni-Abschluss kommen. Drittens gibt es immer wieder eine neue Chance. Ob man falsch einspurt oder spät zündet, man kann dennoch Wirtschaftsführer oder Biochemiker werden. Wer eine Bildungschance will, der bekommt sie. Das gilt für alle und zu jedem Zeitpunkt des Lebens. Das Theater um die Gymi-Prüfung ist angesichts dieser Möglichkeiten völlig unverständlich.
Gewiss, die Bildungsforschung lehrt uns, dass Kinder mit gebildeten Eltern häufiger höhere Schulen besuchen als solche aus bildungsfernen Haushalten. Aber heisst das auch, dass begabte Kinder aus tiefen Schichten vom System benachteiligt werden? Das System unterscheidet nicht nach Herkunft. Dass einige Kinder von ihren Eltern - und allenfalls von Lehrkräften - besser gefördert werden als andere, ist zwar erwiesen, ist aber kein Konstruktionsfehler des Bildungssystems. Es ist daher auch kein Grund, die Triebkraft eines auf Leistung ausgerichteten Bildungswesens zu gefährden.
Quelle: NZZaS, 28.4. von Michael Furger

Schnürlischrift bald am Ende?

Christian Amsler, Präsident der D-EDK, hält die Schnürlischrift für veraltet. Potenzial habe die modernere Basisschrift. Diese setzt sich langsam in Schweizer Schulzimmern durch. Ob sie auch im Lehrplan 21 als verbindlich erklärt wird, ist unklar. 









Ein Schlussbericht zur Frage der Schulschrift wird wie ein Staatsgeheimnis gehütet, Bild: 20 Minuten

Weniger Schnörkel, schönere Schrift, NZZaS, 28.4. von Katharina Bracher

27. April 2013

Reaktionen auf "Das Wohl der Kinder oder der Lehrer?"

Der Artikel des Tages Anzeigers, der den Lehrern unterstellt, sie dächten bei der Entlastung beim Französischunterricht in erster Linie an sich selbst, hat Reaktionen in den Leserbriefspalten ausgelöst.
"Die Schüler wären motivierter", Tages Anzeiger, 27.4. Link zur Verfügung gestellt von www.kindgerechte-schule.ch

Keine ruhigen Gewässer in Sicht

Noch ist vieles unklar im Zusammenhang mit dem Lehrplan 21. Wir wissen, dass neu kompetenzorientiert unterrichtet wird. Doch was bedeutet dies konkret? Darf ich als Lehrer weiterhin eigene Schwerpunkte setzen? Wie verhält sich "Wissen" zu "Können"? Wie sieht es aus mit der Methodenfreiheit? 
Es gilt vorwärtszumachen, NZZ, 25.4. von Michael Schoenenberger

26. April 2013

Das Wohl der Kinder oder der Lehrer?

Der Tages Anzeiger schiesst scharf gegen den Versuch, die Pflicht für den Französisch-Unterricht für Schüler der Sek B/C zu lockern. Mit dem Argument, durch eine Abwahl von Französisch werde den Jugendlichen eine Lernmöglichkeit weggenommen, geht das Zürcher Blatt auf die Lehrer los. Diese müssten lernen mit schulisch schwachen Pubertierenden umzugehen oder sonst über einen Berufswechsel nachdenken. Mit dem Verdacht, es gehe den Lehrern gar nicht ums Wohl der Kinder, sondern um ihre eigene Entlastung, schliesst der Artikel.
Schwache für dumm verkauft, Tages Anzeiger, 25.4. von Liliane Minor. Link zur Verfügung gestellt von www.kindgerechte-schule.ch 

24. April 2013

Computer für Baselbieter Primarschulen und Kindergärten

Ab 2015 erhalten die Primarschulen und Kindergärten im Baselbiet Computer. Damit soll das ICT-Konzept umgesetzt werden. Laut Bildungsdirektor Wüthrich sind die heutigen Unterschiede zwischen den Schulen nicht mehr verantwortbar, der Kanton müsse hier einen einheitlichen Rahmen schaffen.


Ein Kredit für Hardware und Lehrerweiterbildung ist beantragt, Bild: Keystone

Bis 2015 sind Computer an Baselbieter Primarschulen Realität, SRF Regional, 24.4.

Höhere Hürden für Schnupperlehren

Eignungstest gehören bei der Lehrstellensuche schon fast zum Pflichtprogramm. Nun werden zunehmend auch Schnupperlehrlinge vorselektioniert.




Eignungstests auch schon für Schnupperlehren, Bild: Manuela Jans

Höhere Hürden für Schnupperlehren, Neue Luzerner Zeitung, 24.4. 

Gendergerecht formulieren

Eigentlich habe ich gedacht, das Thema sei "gegessen". Ich bin nach jahrelangem Hin und Her zwischen Schülerinnen und Schülern, LehrerInnen und Studierenden wieder zurückgekehrt zu den Formen Schüler, Lehrer und Studenten. Und ich will auch gar nicht vertiefen, dass das Deutsche eben unterscheidet zwischen dem grammatikalischen und dem natürlichen Geschlecht von Lebewesen und dass entsprechende Gender-Spitzfindigkeiten wenn nicht verboten, so zumindest haltlos sind. Dazu ist längst schon alles gesagt. Doch jetzt lässt mich eine Publikation des Bundes aufhorchen. Der "Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren im Deutschen" will den Frauen in der Gesellschaft auch sprachlich ein Gesicht geben. Stopp: Haben wir nicht eben festgestellt, dass die Frauen an den Schulen massiv übervertreten sind. Im Lehrerzimmer und in Gymiklassen. Wie redlich kann also der Versuch sein, etwas sichtbar zu machen, das längst offensichtlich ist? Umso mehr, als damit die Sprache für den Leser und den Schreiber zum Folterinstrument missbraucht wird. Beispiel gefällig? Nicht geschlechtergerecht sind gemäss des Leitfadens "Texte mit Generalklauseln – meistens in einer Fussnote am Anfang –, die festhalten, dass im Folgenden zwar nur die männliche Form benutzt wird, aber beide Geschlechter gemeint sind. (Aus Gründen der Lesbarkeit werden in diesem Text nur die männlichen Formen verwendet. Frauen sind selbstverständlich mitgemeint.)" Solche Lösungen seien "Scheinlösungen", da Männer und Frauen damit sprachlich nicht gleich behandelt würden. Bei fortschreitender Lektüre würden die Frauen zunehmend in Vergessenheit geraten, und dann sei nur noch die männliche Form präsent.
Die namentlich nicht erwähnten Verfasser schlagen Paarformen (Studentinnen und Studenten), geschlechtsneutrale Formen (Stimmberechtigte) oder Passivformen vor. Ausserdem werden 15 (!) Faustregeln zum geschlechtergerechten Schreiben aufgelistet. Dort stehen dann Dinge wie:
statt: Alle Teilnehmenden haben die Prüfung bestanden.
besser:  Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Prüfung bestanden.
oder
statt: Alleinerziehende sind oft auf Sozialhilfe angewiesen.
besser: Alleinerziehende Mütter und Väter sind oft auf Sozialhilfe angewiesen.
Unklar ist, wie weit der 191-seitige Leitfaden auch in der Schule und in den Lehrmitteln angewandt wird. Wo die Frauen sicher nicht benachteiligt werden, ist im Gebrauch von Mobiltelefonen. Deshalb wäre interessant zu wissen, wie stark sie selbst die Gender-Regeln in der modernen Kommunikation einhalten, z.B. in SMS. Kann man Männer verpflichten, unsinnige Regeln einzuhalten, welche selbst von Frauen nicht beachtet werden?
Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren im Deutschen, Schweizerische Bundeskanzlei

23. April 2013

Weniger Mathe und Fremdsprachen in der Sek B

Der Zürcher Kantonsrat will Schüler der Sek B und C stärker handwerklich fördern und von den kopflastigen Fächern entlasten.
Weniger Mathe und Fremdsprachen in der Sek B, Tages Anzeiger, 23.4. von Liliane Minor, Link zum Artikel von www.kindgerechte-schule.ch 

Schulleiter fürs Wallis

Die Walliser Regierung will, dass alle Schulen eine professionelle Leitung erhalten. Dazu wurde nun mit den Gemeinden eine Leistungsvereinbarung unterschrieben. Diese sieht auch vor, dass sich die Gemeinden zu Schulkreisen zusammenschliessen müssen, welche gross genug sind, damit sich die Anstellung eines vollamtlichen Schuldirektors lohnt. 
Walliser Schule im Umbruch: Schuldirektoren für alle, SRF Regional, 23.4.

Knaben sind nicht benachteiligt

Knaben würden heute in der Schule nicht benachteiligt. Diese Meinung vertritt die Rektorin einer Zürcher Mittelschule. Die weibliche Überlegenheit sei nicht die Folge der Feminisierung der Schule. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Lehrerinnen Knaben nicht benachteiligten, findet die Rektorin.









Mädchen haben ohne Förderung auf allen Schulstufen die Knaben überholt, Bild: Bildungsstatistik ZH

"Mädchen fällt strukturiertes Lernen leichter", Tages Anzeiger, 23.4. von Daniel Schneebeli

Knaben sind benachteiligt

Sind Knaben dümmer als Mädchen? Bis jetzt wagt das noch niemand zu sagen.  Die Mädchenquote an den Gymnasien spricht hier eine deutliche Sprache. Ebenfalls deutlich ist die Knabenquote in den Förderklassen (wo es sie noch gibt) oder in der IF. In Deutschland unterrichten an den Gymnasien mehr Frauen als Männer. Trotzdem werde noch immer von einer Benachteiligung der Frauen ausgegangen. 






Frauen haben an den Schulen das Sagen, deshalb schnitten Knaben schlechter ab, Bild: Peter von Tresckow

Faul, fahrig, Junge, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.4. von Birgitta vom Lehn

Harmos lässt Schulleiter ausbrennen

Eine Studie meldet, dass 16 Prozent der Schulleiter burnoutgefährdet seien. Am höchsten ist die Quote in Basel-Stadt. "Die Schulreform Harmos ist eine unglaubliche Belastung. Zur Zeit ändert sich für die Schulleiter eigentlich alles", sagt der Co-Leiter des Schulleiterverbandes Basel. 




"Intensivste Phase der Reform ist erreicht", Bild: Nils Fisch

Steigender Druck auf Schulleiter führt zu Kündigungen, Tageswoche, 23.4. von Simon Jäggi

22. April 2013

Hat Morgenstund Gold im Mund?

Morgenstund hat Gold im Mund? Dieser Spruch trifft laut Wissenschaftern auf Jugendliche definitiv nicht zu. Das Schweizer Schulsystem folgt der sprichwörtlichen Weisheit dennoch.
Übermüdete Schüler, überhäufter Stundenplan, Bild: jetzt.sueddeutsche.de

Das grosse Gähnen, NZZ, 22.4. von Sabine Windlin

Auch in Deutschland wird das Thema diskutiert: Das grosse Gähnen, Die Zeit, 8.2.13 

Schlafmangel ist Hauptgrund für Lern- und Konzentrationsprobleme

Die Schweizer Schüler beginnen ihren Arbeitstag sehr früh im Vergleich zu anderen Ländern. Was bringt dieser frühe Start? Besonders für Pubertierende ist um 6 Uhr morgens noch "biologische Nacht". Der Schlafexperte Cristian Cajochen plädiert deshalb für einen späteren Schulstart am Morgen.
Mehr Schlaf, kürzere Mittagspausen, NZZ, 22.4. von Sabine Windlin

21. April 2013

Schulleiter und Burnout

Gemäss einer Studie sind 16 Prozent der Schulleiter so stark beansprucht, dass sie kurz vor dem Burnout stehen. Das ist jeder sechste Schulleiter. Am höchsten ist die Belastung im Kanton Basel-Stadt.

Selbst in der Klasse zu unterrichten, mit anderen Schulleitern über Probleme zu sprechen, auf die Bedürfnisse der Schüler einzugehen, all diese Aufgaben machen die Schweizer Schulleiter gerne. Dagegen schätzen sie gar nicht: von oben diktierte Reformen umsetzen, mit Lehrpersonen Konflikte austragen und zwischen Eltern und Lehrkräften im Konfliktfall vermitteln. Zu diesem Schluss kommt die Studie von Stephan Huber, Leiter des Instituts für Bildungsmanagement und Bildungsökonomie an der Pädagogischen Hochschule Zug. Er ist Verfasser der ersten länderübergreifenden Studie zur Arbeitssituation der Schulleiter in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz.
Huber kennt die Sorgen und Nöte der Schulleiter genau. Insgesamt 5394 Berufsleute haben an der Befragung teilgenommen - unter ihnen 889 Schweizer. Unter anderem haben sie Fragen beantwortet, die Aufschluss geben über ihre Arbeitsbelastung, Arbeitszufriedenheit und die emotionale Erschöpfung. «Alle drei Messwerte zusammen erlauben die Einordnung in ein Burnout-Risiko-Schema», erklärt Huber. Dabei haben die Forscher drei Gruppen unterschieden: wenig, mittel und stark belastet. «Wir haben festgestellt, dass etwa 16 Prozent der Schweizer Schulleiter in die Gruppe der stark belasteten Personen gehören», sagt Huber. Stark belastet heisst: so sehr durch den Beruf beansprucht, dass ein Arbeitsausfall wahrscheinlicher ist als bei den anderen Gruppen. Die Forscher haben Faktoren identifiziert, die eine Überlastung begünstigen. «Es sind Personen mit hoher Einsatzbereitschaft, geringer Stressresistenz und wenig kollegialer Unterstützung im Team, die auffällig häufig in diese Risikogruppe gehören», erklärt Huber. Daneben scheine sich die Belastung über die Zeit zu kumulieren. «Je länger man Schulleiter ist, desto höher ist auch das Belastungsempfinden», sagt Huber.
Der Verband der Schweizer Schulleiter betrachtet lieber die Kehrseite der Medaille. «Immerhin sind es 84 Prozent, die nicht so stark belastet sind», sagt Präsident Bernard Gertsch, der selbst Schulleiter in Egnach (TG) ist. Ganz allgemein hätten sich jedoch in der Studie die Erfahrungen des Verbands bestätigt. «Die Leitung einer Schule ist angesichts der Reformen und zunehmenden Verwaltungsaufgaben immer anspruchsvoller geworden», sagt Gertsch. Ausserdem kenne man den Beruf des Schulleiters hierzulande erst seit wenigen Jahren. «Aufgaben und Kompetenzen müssen sich zuerst noch zu einem Berufsbild verfestigen», erklärt Gertsch.
In der Belastung der Schulleiter gibt es regionale Unterschiede. So sind gemäss der Studie Schulleiter im Kanton Zug etwas weniger belastet, während jene im Kanton Basel-Stadt sich besonders belastet fühlen. Für Dieter Baur, Co-Präsident des Basler Schulleiter-Verbands, ist dieser Befund nicht weiter erstaunlich. «Die Schulen in Basel-Stadt befinden sich gerade in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess», erklärt Baur. Die Struktur der Volksschule wird Harmos-konform umgestellt. Diese Baustelle ist durchaus wörtlich zu verstehen. «Viele Schulgebäude befinden sich momentan im Umbau», sagt Baur. Die räumlichen und personellen Umstellungen hätten Unsicherheiten zur Folge. Die unstabile Situation im Lehrerzimmer werde noch einige Jahre andauern, sagt Baur.
Weiter bemerkenswert an der ersten grossen Schulleiter-Studie ist der Vergleich mit Deutschland. Während in der Schweiz in den Top Ten der unbeliebtesten Aufgaben gleich dreimal der Bereich Konfliktmanagement genannt wird, fallen diese Aufgaben den deutschen Schulleitern offenbar nicht so schwer - sie fehlen ganz in den Top Ten der unbeliebtesten Aufgaben. «Deutsche streiten eben lockerer als wir», sagt Gertsch dazu, «und Schweizer leiden schneller im Streit.»
Quelle: NZZaS, 21.4. von Katharina Bracher

20. April 2013

Kein Sitzenbleiben in Basels Schulen

"Allzu oft führen Repetitionen bei den Schülern weder zu einer besseren Leistung noch zu einer höheren Motivation", sagt Hans Georg Signer vom Basler Erziehungsdepartement. Im Baselbiet sieht man dies allerdings anders und auch Christian Amsler, der Chef der D-EDK will die Dinge beim Alten belassen.


Wer das Klassenziel nicht erreicht, muss repetieren - aber nicht in Basel, Bild: Wilhelm Busch

Weg mit euch Versagern! Oder doch nicht? Tageswoche, 11.4. von Michael Rockenbach

19. April 2013

Eltern gehen vor Gericht

Eine Oberstufenschülerin wurde vom Lehrer zum Nachsitzen verdonnert. Dagegen haben sich die Eltern beim Kanton gewehrt. Die Strafe sei nicht gerechtfertigt. Der Fall beschäftigt mittlerweile das Bundesgericht.




Die Klasse ist nicht geschlossen ins Tal gefahren, Bild: Keystone

Bundesgericht beschäftigt sich mit Schulstrafe, SRF Regional, 19.4.

Kampf um Primarlehrer

Im Kanton Luzern wird um jeden Lehrer gekämpft. Grund sind einerseits die hohe Zahl der Pensionierungen. Andererseits steigt die Zahl der Schüler an. 





Nun laufen die Stellenbesetzungen fürs nächste Schuljahr, Bild: NLZ

Es hat zu wenig Primarlehrer im Kanton, Neue Luzerner Zeitung, 19.4.

18. April 2013

Berufswelt und Volksschule

Die SVP hat diese Woche ihr Grundlagenpapier zur Volksschule präsentiert. Im Mittelpunkt der Ausbildung müsse die Berufstauglichkeit stehen, sagt die Partei. In der Lehrerausbildung sowie im Unterricht ortet die SVP Fehlentwicklungen, die zu korrigieren seien. Am 15. Juni wird das Thema anlässlich eines Sonderparteitags zur Diskussion gestellt.
Berufswelt und Volksschule, Feststellungen-Ziele-Forderungen, SVP Grundlagenpapier, April 2013

17. April 2013

Reaktionen auf Bildungsbeilage NZZ

Die kürzlich erschienene Bildungsbeilage zum Lehrplan 21 hat heftige Reaktionen ausgelöst. Hier sind drei Leserbriefe aus der Ausgabe der NZZ vom 17.4.

Mit der Fokussierung der Volksschule auf den Erwerb sogenannter «Kompetenzen» (NZZ 10. 4. 13) wachsen ganze Generationen von Kindern zu halbgebildeten Erwachsenen heran, denen die schulischen Grundlagen fehlen, um ihren Platz in Beruf und Gesellschaft einzunehmen. Lediglich eine schmale Elite von Kindern, die im Elternhaus gefördert werden, wird in solchen Schulen noch eine umfassende Bildung erlangen, wie sie der Würde des Menschen entspricht. Wie Ulrich Schlüer im Streitgespräch richtig sagt, lebt die Schule von der Lehrerpersönlichkeit. Lehrerausbildner, die ihren Studenten weismachen, wer seinen Schülern etwas beibringen wolle, sei ein antiquierter «Pauker», lassen die künftigen Lehrer und die ihnen anvertrauten Schüler im Stich.
Im Laufe meiner langjährigen Tätigkeit als Berufsschullehrerin habe ich leider eine grosse Zahl von Jugendlichen kennengelernt, die nicht fähig waren, die wesentlichen Inhalte eines Zeitungsartikels, geschweige denn eines Abstimmungsbüchleins zu verstehen, weil sie in neun Jahren Volksschule weder eine klar strukturierte Sprachschulung noch einen ausreichenden deutschen Wortschatz mitbekommen hatten. Jedem vernünftig denkenden Menschen muss einleuchten: Das Wissen «kompetent» anzuwenden, setzt voraus, dass ein Grundstock an Wissen vorhanden ist. Man folge daher, neben den Aussagen von Ulrich Schlüer, dem Slogan der Akad-Werbung in dieser Sonderbeilage: «Besser richtig lernen!»
Marianne Wüthrich, Zürich

Es braucht keinen detaillierteren, keinen ausführlicheren Lehrplan, die bisherigen Lehrziele genügen vollauf. Wenn sie erreicht werden, ermöglichen sie den Lernenden einen guten Start ins (Berufs-)Leben. Was ungenügend ist und worunter alle Beteiligten, die Gesellschaft und die Wirtschaft, leiden, ist die Tatsache, dass das Erreichen der Lehrziele so viel Mühe macht wie nie zuvor: Bis zu 20 Prozent der Kinder verfehlen dieses Ziel zurzeit, und die Zunahme der sonderpädagogischen Massnahmen ist bald nicht mehr bezahlbar, trotz den Integrationsbemühungen. Wir müssen endlich damit aufhören, das Ammenmärchen nachzuplappern, das besagt, der Lernerfolg sei allein von der Lehrerpersönlichkeit abhängig. Es kommt darauf an, dass die Rahmenbedingungen für die Lehrpersonen stimmen. Zu viele Vorgaben und zu viel Bevormundung vom Staat haben einen grossen Einfluss auf ihre Arbeit. Es braucht keine neuen oder anderen Ziele. Es braucht mehr Autonomie und Methodenfreiheit für die Schulen und die Lehrerinnen und Lehrer. Es braucht mehr Bildungsvielfalt. Nicht nur die Lehrpersonen, auch die Klassen, die Eltern und die Kinder sind verschieden. Auf den Weg, wie die Lehrziele besser erreicht werden können, muss der Fokus gelegt werden, nicht auf das Ändern derselben. Damit verschiedene Wege möglich sind, braucht es autonome Schulen und keine weiteren Vorgaben «von oben».
Clarita Kunz, Schulleiterin, Präsidentin Lehrerinnen- und Lehrerlobby Zürich

Die Beilage «Bildung und Erziehung» zum Lehrplan 21 hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Kompetenzen vorne und Kompetenzen hinten. Wenn die erlauchte Gesellschaft der Lehrplan-21-«Geburtshelfer» möchte, dass auch das gemeine Volk mitdiskutiert, so sei ihr dringend geraten, die theoretischen Abhandlungen auf das Allernötigste zu beschränken und in der Vernehmlassung möglichst mit Konkretem herauszurücken. Eltern und Lehrerschaft interessiert es zum Beispiel sehr, ob das umstrittene Sprachenkonzept endlich geändert wird, weil die politisch motivierten zwei Fremdsprachen an der Primarschule viel zu wenig Ertrag bringen. Christian Amsler spricht im Streitgespräch mit Ulrich Schlüer die Heterogenität der Schule an und bezeichnet sie als Herausforderung, geht aber nicht weiter darauf ein. Will man tatsächlich an der totalen Integration festhalten, obwohl sich deren Theorien in der Praxis als untauglich erwiesen haben? In Sachen Lehrerbildung erweist sich die Oberstufen-Einheitslehrperson immer mehr als Fehlkonstrukt, weil offenbar die praktisch-handwerkliche Richtung arg ins Abseits gerät, und bei der Primarschule wird zwar von den Behörden betont, eine Aufteilung der Lektionen an verschiedene Lehrpersonen sei ungünstig, aber warum macht man denn die nurmehr einen Teil des Fächerkanons umfassende Primarlehrerausbildung nicht sofort überall wieder rückgängig? Weiter wird an gewissen Orten in altersdurchmischtem System unterrichtet, was schon stark Richtung selbstverantwortliches Lernen geht, doch diesem sind Kinder im oberen Spektrum vielleicht gewachsen, andere im Mittelfeld oder darunter aber mitnichten. Und dass schliesslich das «Gender-Thema» wohl bei vielen Leuten allergrösste Beachtung finden und im wahrsten Sinne als Pièce de Résistance empfangen werden dürfte, liegt auf der Hand.
Das wäre nur so eine kleine Auswahl von brisanten praktischen Problemen, und man ist gespannt zu lesen und zu hören, wie die breit diskutierten Schülerkompetenzen dann in die grossen Zusammenhänge eingebettet werden sollen. Nur, wenigstens hier sind sich offenbar alle einig: Am allerwichtigsten ist und bleibt eine andere Kompetenz, nämlich jene der Lehrperson. Wenn da die Qualitäten und Fähigkeiten stimmen, dann ist der Grundstein für einen Schulerfolg der Kinder gelegt. Diese Wahrheit hat schon Jahrhunderte überlebt, und daran wird auch ein Lehrplan 21 nichts ändern.
Hans-Peter Köhli, Zürich

Noch viel Entwicklungspotential bei integrativer Förderung

Eine Evaluation der Stadt Zürich zeigt, dass es im Bereich der Integration noch viel zu verbessern gibt. Interessant: Schulleitungen stehen der Integration deutlich positiver gegenüber als Lehrpersonen.



Integration sei noch zu wenig verinnerlicht, Bild: Matthias Wäckerlin

Die Integration ist noch nicht am Ziel, NZZ, 17.4. von Walter Bernet

Gewaltprävention in St. Gallen


Erziehungsrat und Bildungsdepartement des Kantons St.Gallen haben ein umfassendes Gewaltpräventionsprogramm für die Volksschulen entwickelt. Es legt Schwerpunkte bei der Beziehungsgestaltung im Unterrichtsalltag, beim Training von sozialem Verhalten, bei konstruktivem Umgang mit Konflikten und konsequentem, vernetztem Intervenieren, wenn Kinder oder Jugendliche aggressives Verhalten zeigen und Gewalt ausüben. Mit verschiedenen Programm-Modulen werden die Schulen bei der Umsetzung ihres Auftrags in Gewaltprävention unterstützt.





Regionale Veranstaltungen sollen den Erfahrungsaustausch in der Prävention fördern, Bild: Liliput.ch

16. April 2013

Schulevaluation im Thurgau

Kantonsrat Josef Brägger forderte in einer Einfachen Anfrage Auskunft über die Kostensteigerung in der Thurgauer Schulevaluation. Die Antwort der Regierung dazu ist hier nachzulesen.
Quelle: Kanton Thurgau

Memorandum Mehr Bildung - weniger Reformen

Namhafte Erziehungswissenschaftler, Psychologen und Ärzte haben ein Memorandum herausgegeben, das hier in voller Wortlänge wiedergegeben wird.

Stopp der Reformhektik im Bildungswesen
Zu viel Verwaltung geht auf Kosten der Bildung
Nachhaltige Bildungsreformen brauchen Konsens

Das Bildungswesen wird im Reformeifer der Verwaltungen immer mehr standardisiert und technisiert. Viele der eingeleiteten Reformen zeugen von politischer Hektik. Solche Entwicklungen schaden dem historisch gewachsenen Bildungswesen der Schweiz. Sie wirken als „von oben“ verordnet. Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern fehlt das notwendige Verständnis. Die öffentliche
Kontrolle des Bildungswesens weicht einer demokratiefernen Expertokratie. Durch Eingriffe der Verwaltung werden von der Lehrer- und Dozentenschaft gewünschte Reformen allzu oft abgewürgt. Ihr Engagement, ihre Erfahrung sowie ihr berufliches Wissen und Können werden zum Schaden unserer Bildungseinrichtungen weitgehend missachtet. Ergebnis sind Verunsicherung und Resignation der Unterrichtenden. Die Bildungsverwaltung setzt auf modische Versprechungen und vertraut internationalen Organisationen wie etwa der OECD, statt Erfahrungen der Bildungspraktiker und vorgängiger Erprobung von Neuem. Bewährte Eigenheiten des schweizerischen Bildungswesens gehen so verloren. Verschiedene „von oben“ verordnete
Bildungsreformen scheinen zudem zunehmend auf Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet zu werden, was nicht immer zu pädagogisch sinnvollen Reformen führt. Auch dafür haben Lehrpersonen und viele Bürgerinnen und Bürger oft wenig Verständnis.
Die Unterzeichnenden fordern

Stopp der Reformhektik von Bildungsverwaltungen
Bewährtes erhalten und pädagogisch sinnvoll weiter entwickeln
Stärkung der im Bildungswesen tätigen Lehrpersonen
Freiräume für Bildungsreformen von unten

Unterzeichner (Mitglieder des Vereins Bildungs-Reformen-Memorandum)

Prof. Dr. Walter Herzog (Präsident)
Universität Bern, Institut für Erziehungswissenschaft (Abt. Pädagogische Psychologie)
Prof. Dr. Allan Guggenbühl (Vice-Präsident)
Leiter Abt. Gruppentherapie kantonale Erziehungsberatung der Stadt Bern,
Leiter Institut für Konfliktmanagement und Mythodrama
Prof. em. Dr. Rolf Dubs
ehemals Institut für Wirtschaftspädagogik, St.Gallen
Prof. em. Kurt M. Füglister
ehemals Pädagogische Hochschule Basel (Fachdidaktik Biologie)
Prof. em. Dr. Peter Grob
ehemals Universitätsspital Zürich
Prof. em. Dr. Urs Haeberlin
ehemals Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg
Jürg Jegge
ehemals Stiftung Märtplatz
Prof. em. Dr. Remo Largo
ehemals Pädiatrische Universitätsklinik, Zürich
Prof. Dr. Fritz Osterwalder
Universität Bern, Institut für Erziehungswissenschaft
(Abt. Pädagogische Psychologie)
Prof. Dr. Roland Reichenbach
Universität Basel (Forschungs- und Studienzentrum Pädagogik)

15. April 2013

Regierung stützt Rumantsch Grischun

Rumantsch Grischun soll weiterhin Alphabetisierungssprache bleiben. Dies obwohl die meisten Gemeinden wieder in ihren Idiomen unterrichten. Erst mit der Einführung des Lehrplans 21 soll die Frage der Alphabetisierungssprache wieder auf den Tisch kommen. 




Martin Jäger: "Ich behalte meine Linie bei", Bild: Keystone

Interview mit Regierungsrat Martin Jäger, SRF Regional, 15.4. von Pius Kessler

14. April 2013

Rumantsch Grischun am Ende?

Nachdem die Gemeindeversammlung von Laax eine Rückkehr zum Idiom Sursilvan als Schulsprache beschlossen hat, ist Rumantsch Grischun in einer wichtigen Gemeinde abgelehnt worden. Wie damit das sogenannte Koexistenzmodell (Idiome und Rumantsch Grischun als gleichwertige Partnersprachen) in der Praxis umgesetzt werden soll, ist unklar. 
Rumantsch Grischun praktisch am Ende, SRF Regional, 14.4.

Sonderschulen gehen an Kanton

Das Solothurner Stimmvolk befürwortet die Kantonalisierung der heilpädagogischen Sonderschulen deutlich. Die fünf Sonderschulen gehen damit in den Besitz des Kantons über.
Schlussresultat: Solothurner Sonderschulen gehen an den Kanton, SRF Regional, 14.4.

40 Jahre Intensivweiterbildung Aargau

Jeder Aargauer Lehrer hat nach acht und nach 20 Jahren Berufsausübung ein halbes Jahr zugut, während dem er sich der persönlichen und beruflichen Weiterbildung widmen kann. Über 2000 Lehrer profitierten schon von dieser Burnout-Prävention.

Festakt an der PHNW in Windisch für 40 Jahre Intensivweiterbildung, Bild: Aline Wüst

Burnout-Prävention: Mehr als 1000 Jahre Auszeit für Lehrer, Aargauer Zeitung, 13.4. von Aline Wüst

Lehrerdoktor auch in Zürich

Was Basel recht ist, ist Zürich billig. Auch an der PHZH ist nämlich ein Doktorstudium geplant. Begründet wird das Bedürfnis nach der fehlenden wissenschaftlichen Basis bei den Fachdidaktikern. 

Bald können auch Primarlehrer doktorieren. In Zürich und Basel entstehen derzeit Doktorats-Programme für Absolventen der Pädagogischen Hochschule (PH). Da das Promotionsrecht hierzulande exklusiv den Universitäten und der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) vorbehalten ist, handelt es sich bei den geplanten Vorhaben um Kooperationen zwischen der Pädagogischen Hochschule und der Universität. Diese wird über die Vergabe des Doktortitels entscheiden.
Die Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz arbeitet mit der Universität Basel zusammen. Die Pädagogische Hochschule Zürich (PHZH) mit der Universität Zürich. «Ein Kooperationsvertrag zwischen der Universität Zürich und der Pädagogischen Hochschule Zürich liegt im Entwurf vor», sagt Otfried Jarren, Prorektor Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Zürich. Dabei erhoffe er sich die finanzielle Unterstützung des Kantons, sagt Jarren. Dort hat man sich bereits Gedanken über die Kostenfolgen gemacht. «Die Finanzierung erfolgt über die Staatsbeiträge an die Hochschulen», lässt die Zürcher Bildungsdirektorin Regine Aeppli ausrichten.
Auch in Basel sollte bis zum Herbst 2014 ein anwendbares Konzept vorliegen, wie Antonio Loprieno, Rektor der Universität Basel, sagt. «In ein bis zwei Jahren kann der erste Absolvent der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz das gemeinsame Doktorats-Programm belegen.»
Doch wozu brauchen Lehrer überhaupt einen Doktortitel? Für die Beteiligten ist die Antwort klar: Im Bereich der Fachdidaktik fehlt es an qualifiziertem Nachwuchs. Die Disziplin untersucht Unterrichtsmethoden und Lernprozesse wissenschaftlich. Die Erkenntnisse fliessen in die Lehrerbildung ein. «Der Mangel an promovierten Fachdidaktikern ist eine alte Baustelle», sagt Loprieno. Bisher sei die Ausbildung in der Fachdidaktik marginalisiert worden. Man habe sehr wenig Personal, das an den Hochschulen in der Disziplin lehre und forsche. «Für den eigenen Nachwuchs gab es bisher keine eigene Ausbildung», erklärt Loprieno. Promovierte Fachdidaktiker an Schweizer Hochschulen würden darum häufig aus Deutschland stammen. Um eigenen Nachwuchs auszubilden, müsse man unbedingt den ganzen Fachbereich stärken.
In Zürich könnte das Programm in ein bis zwei Jahren mit zwölf Doktoranden starten, hofft Jarren. Einen Überschuss an Fachdidaktikern werde es so schnell nicht geben. «Fachdidaktiker tun jedem Fachbereich gut», sagt Jarren. Jede Disziplin der Universität sollte sich darüber Gedanken machen, wie fachspezifische Inhalte vermittelt werden müssten. «Von der Vermittlungsfähigkeit einer Disziplin hängt ab, ob sie Nachwuchs für das Fach begeistern kann», erklärt Jarren.
Die Einführung eines Doktorats-Programms für die Fachdidaktik bedeutet auch, dass die Forschung an der PH weiter ausgebaut wird. Eine Entwicklung, die manchen Kritikern nicht geheuer ist. Nicht nur SVP-Exponenten kritisieren die zunehmende Akademisierung der PH. Sie halten die Lehrerausbildung bereits heute für zu theorielastig. «Ich verstehe die Forschung nicht als abgehoben von der Praxis», sagt PHZH-Rektor Walter Bircher dazu. Forschung müsse der Entwicklung des Unterrichts dienen. Für Bircher ist allerdings klar: «Wer im geplanten Doktorats-Programm mitmachen will, sollte wenn immer möglich ein Lehrerdiplom mitbringen.» Auch in der Nordwestschweiz wird von den Doktoranden Unterrichtspraxis verlangt. «Die Ausbildung darf nicht nur theoretisch sein», sagt Loprieno.
«Unser Fernziel ist es, selbst Doktortitel zu vergeben», hält PHZH-Rektor Bircher fest. Mit der Kooperationslösung bleibe das Promotionsrecht zwar bei der Uni, die PHZH soll jedoch in der Titelvergabe mitentscheiden können. Jarren von der Universität Zürich warnt davor, dass die PH in Eigenregie Doktortitel vergebe. «Um die Qualität der Promotionen sicherzustellen, müsste man die Forschung noch mehr ausbauen», sagt er, was angesichts der Breite des Fächerspektrums die Kapazitäten einer Pädagogischen Hochschule übersteige. Mit Blick auf Deutschland sei das Promotionsrecht für Pädagogische Hochschulen ausserdem alles andere als erfolgversprechend: «In Deutschland hat sich der Dr. päd. nie durchgesetzt - auch weil der Titel als minderwertig gegenüber universitären Promotionen gilt.»
Quelle: NZZaS, 14.4. von Katharina Bracher

Ritalin: Ärzte fordern strengere Regeln

Der Ritalinverbrauch steigt weiter an. Nun fordern auch Ärzte, die von der Diagnose ADHS profitieren, strengere Regeln.

Jetzt wird es immer häufiger auch Ärzten, die das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ADHS behandeln, unheimlich. Am 2. Mai widmen die Mitglieder der Schweizerischen Fachgesellschaft ADHS ihre Jahrestagung dem, wie sie schreiben, «deutlichen Handlungsbedarf» bei der medizinischen Fortbildung und Qualitätssicherung. Konkret baut die Fachgesellschaft im Moment ein umfassendes freiwilliges Fortbildungsprogramm auf für Kollegen, welche mit ADHS zu tun haben.
Einige Mitglieder des Vorstands fordern gar Einschränkungen bei der Verschreibung von Medikamenten wie Ritalin gegen ADHS sowie verbindliche Regeln für die ärztliche Fortbildung. In der neusten Ausgabe der «Schweizerischen Ärztezeitung» schreibt etwa Vorstandsmitglied Hans Rudolf Stricker: Um dem «Wildwuchs» von oberflächlich gestellten ADHS-Diagnosen und der «unkritischen, zu grosszügigen» Verschreibung von Stimulanzien entgegenzuwirken, seien Qualitätskriterien für Ärzte notwendig.
Konkret hält Stricker etwa die häufige Diagnose «Verdacht auf ADHS» für fraglich. «Bei genauerem Hinschauen würden sich viele dieser Verdachtsdiagnosen als Fehldiagnosen herausstellen», schreibt er. Hintergrund der Initiative ist die Tatsache, dass der Konsum von Medikamenten gegen ADHS weiterhin zunimmt (siehe Grafik). Seit 2007 verschreiben die Ärzte laut Zahlen des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic durchschnittlich jedes Jahr 15 Prozent mehr Medikamente wie Ritalin. Buben werden die Mittel vier- bis fünfmal häufiger verabreicht als Mädchen. Betroffen von ADHS sind vier bis acht Prozent der Kinder und zwei bis fünf Prozent der Erwachsenen. Aber längst nehmen nicht nur Personen, welche sich schlecht konzentrieren können und zappelig sind, die Medikamente. Manager, Mittelschüler und Studierende schlucken sie ebenfalls, allerdings nicht gegen ADHS, sondern als Wachmacher und für mehr Konzentration. Die Substanzen können süchtig machen. Zudem ist nicht bewiesen, dass sie bei Menschen ohne ADHS die Konzentration fördern.
Seit Jahren interessiert sich auch die Politik für ADHS und Ritalin. So forderte die Gesundheitskommission des Nationalrats unlängst einstimmig strengere Regeln für die Therapie von ADHS. Doch einige Ärzte wollen die nun auch von ihnen selbst erkannten Probleme allein in den Griff bekommen und der Politik zuvorkommen. «Keinesfalls möchte ich einer Überreglementierung Vorschub leisten, sondern durch Qualitätskriterien zu rigiden Vorschriften zuvorkommen», schreibt Stricker.
Seine Idee: Psychiater, Kinder- und zum Beispiel auch Allgemeinärzte müssen ADHS-spezifische Fortbildungen absolvieren. Für Psychiater und Kinderärzte, die heute schon als qualifiziert für Diagnose und Therapie der Störung gelten, soll der Aufwand dafür laut Stricker gering sein. Zudem wünscht sich der auf ADHS spezialisierte Allgemeinmediziner, dass nicht wie heute nur Psychiater und Kinderärzte Medikamente gegen die Krankheit verschreiben dürfen, sondern dass dies alle auf ADHS spezialisierten Ärzte tun können - aber eben nur nach entsprechender Fortbildung. «Einige Psychiater zum Beispiel wissen heute nicht genug über ADHS. Trotzdem verschreiben sie diese Medikamente», sagt er. Stricker will sich nun bei Kollegen und Politikern dafür einsetzen, dass «konstruktiv» über seine Vorschläge diskutiert wird.
Die ADHS-Fortbildung müssten die Ärzte selbst für obligatorisch erklären. Psychiater und Kinderärzte dürften sich allerdings nicht so leicht überzeugen lassen. So sagt etwa Roland Kägi, Kinderarzt und selbst im Vorstand der Fachgesellschaft ADHS: «Die obligatorische Fortbildung wäre zwar sinnvoll, aber wir können nicht für jede Kompetenz einen Kurs machen und unsere Praxis vorübergehend schliessen.»
Der Forderung nach neuen Regeln bei der Medikamentenabgabe wiederum müssten die Gesundheitsbehörden beim Bund nachkommen. Beim Bundesamt für Gesundheit heisst es, im Moment seien keine Anpassungen geplant. Der politische Druck und die Offensive der Ärzte dürften aber zumindest für Diskussionen sorgen.
Quelle: Kampf dem Ritalin-Missbrauch, NZZaS, 14.4. von Sarah Nowotny

13. April 2013

Lehrplan 21 fordert Wirtschaftswissen

Der Lehrplan 21 sieht für die Volksschule einen neuen Fachbereich "Wirtschaft, Arbeit, Haushalt" vor. Dadurch wird die Wirtschaftsbildung mehr Verbindlichkeit und Unterrichtszeit erhalten. Konkrete Verbesserungsmöglichkeiten sieht Beat Zemp im Bereich der Lehrmittel. 


Zemp:" Product Placement ist in der Volksschule verboten". Bild: SRF

"Jeder Schüler sollte das Schweizer Vorsorgesystem kennen", Basler Zeitung, 13.4. von Martina Läubli.

Zuger Zweitklässler wieder mit Noten

In Zug werden die Zweitklässler ab dem nächsten Schuljahr wieder benotet. Dies allerdings nur in den Fächern Mathematik, Deutsch sowie Mensch und Umwelt. Im März 2012 wurde eine entsprechende Initiative gutgeheissen. 
Zuger Zweitklässler erhalten wieder Noten, Neue Luzerner Zeitung, 12.4.

SVP: Mehr üben und pauken

Laut der SVP bereitet die Volksschule immer weniger auf das Berufsleben vor. Diese Meinung ist zwar populär, aber ob sie auch stimmt? Die Partei bezieht sich auf Interviews mit Lehrmeistern und Lehrlingsverantwortlichen. Danach hätten Fähigkeiten, Wissen, Leistungsbereitschaft und Durchhaltevermögen der Volksschulabgänger abgenommen.
Die Kritik der grössten Schweizer Partei ist nicht neu. Schon verschiedentlich forderte sie mehr Leistung, Wettbewerb und Selektion. Die SVP will, dass an der Volksschule mehr geübt und gepaukt wird - was immer dies konkret auch heissen mag. Gleichzeitig schärft die Partei ihr bildungspolitisches Profil mit ihrer Haltung in der Fremdsprachenfrage. Als bisher einzige Partei nimmt sie klar Stellung gegen das missglückte Experiment der Primar-Fremdsprachen. 




Immer weniger Durchhaltewillen? Bild: Imago

Die SVP drischt auf die Schule ein, NZZ, 12.4. von Michael Schoenenberger

11. April 2013

Braut sich da was zusammen?

In einer verklausulierten Mitteilung des St. Galler Erziehungsrates könnte viel Zündstoff versteckt sein. Urteilen Sie selbst!


Standortbestimmung Umsetzung des Fremdsprachen in der Volksschule

Der Erziehungsrat hat eine Standortbestimmung zur Umset­zung des Fremdsprachenunterrichts an der Volksschule im Kanton St.Gallen erstellt. Darin wird in einer umfassenden Situations- und Pro­blemanalyse aufgezeigt, wie die zwei Fremdsprachen eingeführt wurden. Gemäss Auftrag des Erziehungsrates beschreibt der Bericht die Dispensationsthematik, vornehmlich im Französischunterricht in Zusammenhang mit der Einführung der zweiten Fremdsprache in der Volksschule im Jahr 2008. Der Bericht stellt aufgrund von qualitativen Erfahrungswerten aus verschiedenen Quellen die Komplexität der Problematik dar und zeigt Massnahmen auf. Der Bericht zur Standortbe­stim­mung wird im April/Mai anlässlich eines Hearings verschiedenen Anspruchsgruppen präsentiert. Eingeladen werden im April/Mai u.a. Vertretungen der Pädagogischen Kommissionen, der Stufenkonvente, der Sozialpartner sowie der Pädagogischen Hochschule St.Gallen. Das Hearing bezweckt, die Betroffenen um­fassend zu infor­mieren und zu sensibilisieren. Die Standortbestimmung soll aus unterschiedlichen Sichtwinkeln verifiziert und wo erforderlich angereichert werden. Ergänzend werden Meinun­gen zu den vorgeschlagenen Massnahmen ein­geholt, um diese zu priorisieren. Der ergänzte Bericht dient dem Erziehungsrat als Grundlage für weitere Entscheide und wird in der Folge publiziert.
Quelle: Erziehungsrat St. Gallen, 11.4.

Pädagogendeutsch

Jeder, der einmal einen Elternbrief verfasst hat, kennt die Tücken der gendermässig korrekten Wortwahl. Ich schreibe seit einiger Zeit wieder "Lehrer" und "Schüler" und verstehe darunter Exemplare beiderlei Geschlechts. Doch die Sprache an den Schulen hat sich längst zu einem Experten-Jargon entwickelt, der auch für Insider nicht immer verständlich ist.
Peter Keller bietet eine Übersicht über gängige pädagogische Begriffe an und erklärt, was sich dahinter verbirgt. 

Neu heissen freche Kinder:
«Herausfordernde Schüler» – Schüler, die im Unterricht eine besondere Zumutung darstellen. Weil sie ungezogen sind, rücksichtslos, die Mitschüler drangsalieren und einen vernünftigen Unterricht verunmöglichen. Wer hier die wahren Ursachen verwedelt, hilft weder dem «herausfordernden Schüler» noch der betroffenen Lehrperson.
«Intervenieren» – Oder wie Akademiker­pädagogen es beschreiben: «Kompetenzen, die für die Durchführung und Entwicklung von einschreitenden Massnahmen in Bezug auf Personen oder Systeme erforderlich sind.» Etwas weniger bombastisch aus­gedrückt: «Intervenieren» heisst für Ruhe und Disziplin sorgen, einschreiten, Konflikte ­lösen.
«Ergebnissicherung»– Der schlichte Vorgang, dass ein Lehrer an der Wandtafel (oder in einem anderen Medium) die wichtigsten ­Inhalte seiner Lektion festhält und die Klasse es ihm gleichtut.
«Input» – Die (viel zu) seltenen Minuten, in denen der Lehrer seiner Klasse tatsächlich ­etwas beibringt. Hiess früher einmal unterrichten, wurde dann als «Frontalunterricht» schlechtgeredet. Weil Frontalunterricht nach wie vor eine äusserst effektive Form der ­Wissensvermittlung darstellt, wird er immer noch in Schulzimmern praktiziert – allerdings heimlich.
«Fachberater» – Hiess früher einmal Fach­inspektor und besuchte regelmässig Klassen und Lehrpersonen, um von aussen die Qualität des Unterrichts einzusehen. Da der Begriff «Inspektor» offenbar zu militärisch rüberkam, wurde er zum Berater weichgespült.
«Fördern» – Unter «fördern» könnte der gewöhnliche Bürger tatsächlich etwas verstehen, aber wehe, die Hochschulpädagogen beginnen, Selbstverständlichkeiten zu definieren. In korrektem Akademikerdeutsch heisst fördern: «Kompetenzen, die für die Diagnose und die gezielte Förderung von Personen in integrativen oder separativen Arrangements erforderlich sind.» Aha.
«Heterogenität» bzw. «heterogene Lerngruppe» – Die banale Tatsache, dass in einer Klasse Mädchen und Jungen, Schweizer und Ausländer, intelligente und weniger intelligente Schüler sitzen. Bis zu einem gewissen Grad ist diese Vielfalt normal und auch erwünscht. Aber mittlerweile ist die Sache gekippt: Heterogenität wird von oben verordnet und bis über die Schmerzgrenzen hinaus künstlich hergestellt. Zum Beispiel durch:
«Inklusion» bzw. «integrative Pädagogik» – Unter dem vorherrschenden Gleichheits­gebot werden alle Kinder, auch solche mit Behinderungen, in ein Schulzimmer gepfercht. Zusätzlich werden «altersdurchmischte» Klassen geschaffen, also mehrere Jahrgänge zusammengelegt. Was früher in abgelegenen Gemeinden eine Notlösung war, wird mittlerweile vielerorts in Versuchsklassen bewusst herbeigeführt. Mit «sonderpädagogischen Massnahmen» wird dann versucht, die Folgen der absichtlich hergestellten «Heterogenität» wieder abzumildern. Sozialpädagogen, Lernhilfen, Therapeuten usf. nehmen Kinder mit «besonderem Bildungsbedarf» aus der Klasse oder arbeiten mit ihnen in angrenzenden offenen Nebenräumen, was wieder für ­zusätzliche Unruhe sorgt.
«Selbstorganisiertes Lernen», auch bekannt als «selbstgesteuertes Lernen» –Kinder ­arbeiten selbständig, eigenverantwortlich und in ihrem eigenen Lerntempo. Dafür stehen «Lernateliers» und «Lernangebote» zur Verfügung. Die Lehrperson wirkt im Hintergrund als ­gütiger «Coach», der sich nur bei Bedarf einbringt. Schöne neue Zuckerwatten-Welt. Dahinter steckt eine perfide Umkehrung des Prinzips Verantwortung: Kinder sind eben Kinder, weil sie ein gewisses Mass an Fürsorge und Führung brauchen. Ein strukturierter Unterricht mit klaren Regeln und Anweisungen (und auch Kontrollen) hilft den meisten Schülern.
«Risikogruppen» – Wieder ein schönes ­Beispiel aus dem Fundus der Flucht- und Vermeidungssprache. In der «Risikogruppe» befinden sich in der Regel Kinder mit Migrationshintergrund (politisch unkorrekt, aber Tatsache) und aus zerrütteten Familien­verhältnissen.
«Klassenmanagement» – Man mag zwar die Manager draussen in der Welt der Wirtschaft nicht besonders, aber Klassenmanagement tönt halt irgendwie doch cooler als Klassenführung. Was der Begriff «Klassenmanagement» immerhin offenlegt: Letztlich läuft erfolgreicher Unterricht darauf hinaus, dass die Lehrperson der Chef im Unternehmen Klasse ist und sagt, wo’s langgeht. Damit wäre aber auch klar, wer die Verantwortung für das ­Unternehmen trägt: nämlich der Chef, also der Lehrer.
«Situationsadäquat» und «adressatenspezifisch» – Wörter wie Pfaue. Es geht schlicht darum, dass sich Menschen angemessen verhalten. Man kaut schliesslich während einer Beerdigung auch nicht Kaugummi.
«Individualisierter Unterricht» – Der Lehrer soll auf die unterschiedlichen Lerntempi und Niveaus seiner Schüler eingehen, im besten Fall ein spezielles Unterrichtsmenü für ­jeden seiner zwanzig Kunden zubereiten. Das sind unmögliche Forderungen. Mit einem nahrhaften Tagesteller für alle hat ein Lehrer schon viel erreicht.
Quelle: Weltwoche 15/2013 von Peter Keller