15. Juli 2013

Was tut ein Lehrer während der Ferien?

Auch während der Schulferien müssen Lehrerinnen und Lehrer ar­beiten. Beat W. Zemp, Zentralpräsident des Dachverbands der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, nimmt Stellung zu Arbeits- und Präsenzzeiten.
BaZ: Herr Zemp, was macht ein Lehrer eigentlich während der Schulferien?
Beat W. Zemp: ­Zunächst bezieht er natürlich seine ­normalen Ferien, die ihm zustehen. Das sind je nach ­Alter vier bis sechs Wochen im Jahr. Während des Rests der Schulferien arbeitet ein Lehrer im Schnitt 15 Stunden pro Woche, wobei dann auch ein Teil der 50-Stunden-­Wochen während des Unterrichts kompensiert wird. Mehrere Studien beweisen, dass ein Lehrer pro Jahr durchschnittlich drei Wochen mehr arbeitet, als er müsste. Am Anfang des neuen Schuljahrs geht diese Überzeit dann einfach verloren.
Wofür wird die Arbeitszeit konkret genutzt?
Es ist ein buntes Potpourri von Auf­gaben, die erledigt werden müssen. Man muss sich in neue Lehrmittel ­einarbeiten, neue Erkenntnisse in den Unterricht integrieren und die langfristige Planung des Unterrichts erstellen. Als Mittelschullehrer habe ich in den Sommerferien jeweils die ­neuen Aufgaben für die Maturitätsprüfungen in Mathematik erstellt. Pro Aufgabe braucht man zwei bis drei Arbeitstage.
Bereitet sich jeder Lehrer tatsächlich immer so vor?
Das ist je nach Stufe und Fach sehr verschieden. Wenn die Voraussetzungen gleich bleiben, ist es durchaus ­legitim, dass man den gleichen Schulstoff mehr als einmal verwendet. Wie schon erwähnt, ist es ja nicht so, dass die Lehrer auf zusätzliche Arbeitsstunden in den Schulferien ange­wiesen sind, um auf ihr Arbeitssoll zu kommen.
Öffnen solche Arbeitszeiten nicht Tür und Tor für schwarze Schafe, die sich nicht vorbereiten und 13 Ferienwochen im Jahr geniessen?
Ich kenne keine Lehrperson, die 13 Wochen Ferien machen kann. Es gibt aber in jedem Berufsfeld schwarze Schafe, die einen ganzen Berufsstand in Verruf bringen können. Die Jahresarbeitszeit einer Lehrperson wird heute ausserhalb des eigent­lichen Unterrichts genau erfasst.
Mehrere Kantone regeln die Präsenzzeiten der Lehrer während der Schulferien. In Basel sind die Lehrer dazu verpflichtet, die letzten ein bis zwei Tage vor dem neuen Schuljahr anwesend zu sein. Was halten Sie von dieser Massnahme?
Das ist eine rein organisatorische Massnahme, um notwendige Absprachen im Kollegium zu erleichtern. Viele arbeiten heute ja Teilzeit. Wenn die Kantone aber die Präsenzzeiten für Lehrpersonen im Schulhaus ­ausweiten wollen, dann müssen sie auch gut ausgerüstete Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Das würde ­Millionen kosten.
Ist dieser Trend ein Zeichen von ­Misstrauen der Kantone gegenüber der ­eigenen Lehrerschaft?
Nein. Es braucht heute einfach mehr Absprachen in den Teams, damit das neue Schuljahr und der Klassenunterricht zielführend geplant werden können. Mit einem verbindlichen ­Termin für alle ist diese Absprache einfacher.

"Kein Lehrer hat 13 Wochen Ferien", Basler Zeitung, 15.7. von Sebastian Dürst

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