Im
Moment behandeln wir den Klimawandel. Der Lehrer meint, dieser Winter sei
wieder wärmer gewesen als der letzte. Ich widerspreche und erkläre ihm, dass
die Temperaturen in den letzten 15 Jahren nicht gestiegen seien, und dies,
obwohl der CO2-Ausstoss um 75 Prozent zugenommen habe. Er glaubt mir nicht,
weshalb ich in der nächsten Lektion Forschungsergebnisse der Nasa mitbringe.
Darauf mein Lehrer: «Vielleicht stagniert das Klima.» Ich: «Nicht vielleicht.»
Darauf mein Lehrer: «In Ordnung, das Klima stagniert ein bisschen.»
Der
Lehrer flüchtet sich in einen Katastrophenfilm des Schweizer Fernsehens. Aber
auch hier sind wir schon ziemlich abgehärtet – denn eine Auseinandersetzung
mit dem Gezeigten folgt in der Regel nicht. Schon in der 5. Klasse musste ich
den Al-Gore-Film «Eine unbequeme Wahrheit» über mich ergehen lassen. Damals
hatte ich Mühe, den Film zu verstehen, wusste ich doch nicht, was CO2 ist. Und
meine Schulkameraden, fast ausschliesslich Migrantenkinder, verstanden den
komplexen Kommentar eh nicht.
Ich
merke, wie dieser Ökounterricht ohne wissenschaftlichen Background immer mehr
das Gegenteil bewirkt. Wir machen uns einen Spass daraus, den Lehrern zu
widersprechen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell dann die
Argumentation von wissenschaftlichen Fakten zu Moralvorstellungen wechselt.
Vor
einer Woche hatten wir eine Projektwoche zum Thema «Wasser». Die Lehrkräfte
versuchten uns vier Tage lang beizubringen, dass es ein ökologischer
Schwachsinn sei, Mineralwasser zu kaufen. Natürlich zeigte man uns auch hier
den unvermeidlichen Film «Bottled Life» über Nestlé. Am letzten Tag
analysierten wir den Preisunterschied zwischen Mineral- und Leitungswasser.
Unsere Lehrerin war entsetzt, als sie realisierte, dass wir diesen Unterschied
nicht schlimm finden. Warum soll man nicht Geld für etwas ausgeben, wenn es
einem schmeckt?
Aber die
Schule gibt nicht auf: Am nächsten Konvent wird abgestimmt, ob Flüge für
Exkursionen und Maturreisen verboten werden sollten.
Quelle: Weltwoche, 21/2013 von Leon Wiederkehr
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