26. Mai 2013

LCH fordert Master für Primarlehrer

Durch einen Mastertitel sollen wieder mehr Männer zum Primarlehrerberuf gelockt werden. Ausserdem weist der LCH darauf hin, dass auch im Ausland die Ausbildung in diese Richtung gehe. Nicht einverstanden mit diesem Vorschlag ist Christian Amsler, Chef der D-EDK. Er will eine weitere Akademisierung vermeiden. Ausserdem koste diese Übung Geld, das momentan nicht vorhanden sei.
Katharina Bracher berichtet in der NZZaS vom 26.5.
Sechs Semester dauert die Ausbildung zum Primarlehrer heute normalerweise. Reicht die Zeit, um junge Lehrer auf die gestiegenen Anforderungen im Unterricht vorzubereiten? - Nein, findet der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH). Aus diesem Grund verlangt der Verband in einem neuen Positionspapier den Master als Mindeststandard für alle Primarlehrer: «Lehrpersonen der Primarstufe schliessen ihre Grundausbildung mit einem Master ab», lautet die Forderung. Gemäss Präsident Beat Zemp soll jedoch nicht allein der theoretische Teil ausgebaut werden, sondern vor allem der praktische. «Wir schlagen eine berufsbegleitende Masterstufe vor, welche Praxis und Theorie eng miteinander verknüpft», sagt Zemp. Ein Grund für diese Forderung ist die zunehmende Komplexität der Aufgaben, mit der sich ein Berufseinsteiger konfrontiert sehe. Gemeint sind unter anderem Gespräche mit zunehmend anspruchsvollen Eltern, mehr Kinder ohne Deutschkenntnisse, aber auch der Umgang mit Gewalt oder Missbrauchsvorwürfen an Schulen. In der Volksschule seien zunehmend solche Spezialkenntnisse gefragt, schreibt der LCH. Viele Schulen seien darum dazu übergegangen, Expertinnen anzustellen. Gemeint sind etwa Sozialarbeiterinnen, Sprachlehrer für ausländische Kinder und interkulturelle Vermittler. Künftig sollen Lehrer wieder dazu befähigt werden, diese Aufgaben von Anfang an selbst zu übernehmen.
Das Begehren des Lehrerverbands ziele aber nicht nur auf die gestiegenen Anforderungen in der Schule ab, wie Zemp erklärt. «Wir wollen Lehrpersonen mehr Karrierechancen bieten. Damit lassen sich auch wieder mehr Männer für den Beruf begeistern.» Dabei geht Zemp von der Annahme aus, dass sich Frauen in erster Linie für den Lehrerberuf entscheiden, weil sie damit Familie und Beruf besser vereinbaren können. «Für Männer ist der Aspekt der Laufbahnentwicklung im Beruf sehr wichtig», stellt Zemp fest. Anders gesagt: Ein Master strahlt mehr Prestige aus und verspricht Lohnzuwachs - beides hält man beim LCH offenbar für typisch männliches Verhalten bei Karriere-Entscheidungen.
Der Master für alle ist auch ein erklärtes längerfristiges Ziel der pädagogischen Hochschulen, vertreten durch die Rektorenkonferenz. Laut deren Präsident Johannes Flury sei der Moment zur flächendeckenden Einführung angesichts der Sparvorhaben in diversen Kantonen allerdings noch nicht gekommen.
Entschieden gegen eine weitere Akademisierung des Lehrerberufs ist Christian Amsler, Präsident der Deutschschweizer Konferenz der Bildungsdirektoren. «Der Master muss freiwillig bleiben», findet der Schaffhauser Erziehungsdirektor. Der Abschluss bedinge eine Masterarbeit, und diese schreibe man im stillen Kämmerchen. «So eignet man sich bestimmt nicht mehr Kompetenzen für den Unterricht an», sagt Amsler. Ausserdem koste die Verlängerung der Ausbildung eine Stange Geld, und obendrein verschlimmere sie den in vielen Kantonen virulenten Mangel an Lehrpersonen. Darüber hinaus sei er überzeugt, dass es in der Bevölkerung gar nicht gut ankomme, wenn irgendwann sogar Kindergärtnerinnen einen Master vorweisen müssten. «Schlecht fürs Image», lautet Amslers abschliessendes Urteil.
Der Dachverband der Lehrer sieht das freilich anders. Für Zemp ist der Master auf Primarstufe Pflichtprogramm, auch weil die internationale Entwicklung in der Lehrerausbildung sowieso in diese Richtung gehe. In Teilen Deutschlands, in Österreich und in Finnland habe man bereits auf den Master in der Lehrerbildung umgestellt. «Diesem Trend kann sich die Schweiz nicht entziehen, wenn sie ihre Lehrpersonen nicht schlechter auf dem Arbeitsmarkt stellen will als Lehrer aus den Nachbarländern, die zunehmend auch in der Schweiz unterrichten», ist Zemp überzeugt. Das Problem des Lehrermangels werde durch die Verlängerung bestimmt nicht verschärft, im Gegenteil: Durch die berufsbegleitende Masterstufe werde das Problem abgefedert, weil Lehrer in Ausbildung im Unterricht eingesetzt werden könnten.

2 Kommentare:

  1. Interessant ist, dass nun auch der LCH eine Verbesserung des praktischen Teils der Ausbildung fordert. Bisher haben die Pädagogischen Hochschulen auf entsprechende Kritiken stets auf den nominell gestiegenen Anteil des Praxisteils verwiesen. Nach wie vor weist dieser aber grosse Schwächen in der Verknüpfung von Theorie und Praxis auf. Insofern liegt der LCH richtig, wenn er hier Fortschritte erreichen will. Ob es dazu einen Master braucht, ist allerdings eine andere Frage. Schliesslich sollte eine praxisnahe Ausbildung auch und speziell auf Bachelorstufe eine Selbstverständlichkeit sein.

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  2. Obligatorischer „Master light“ für PL - gut für wen?

    Es ist schon eigenartig, wie verwirrend, ja blauäugig der LCH schon seit geraumer Zeit argumentiert.

    Wenn Zemp hofft mit einer Masterausbildung die Kompetenz für die aktuell ausgelagerten Spezialgebiete wieder dorthin zu bringen, wo sie eigentlich hingehören, nämlich in den Aufgabenbereich der Regellehrpersonen, setzt er vermutlich en falsches Signal.
    Erstens wird man auch in Zukunft (ich denke an den LP21) kaum auf Spezialkräfte in Schulzimmern verzichten können. Ganz im Gegenteil: Es steht zu befürchten, dass sich deren Anzahl und Präsenz noch erweitern könnte. Zweitens: Ist es nicht Kernaufgabe der PH, eine praxiswirksame und adäquate Grundausbildung zu gewährleisten, welche professionelle Arbeit in den Schulen erwarten lässt? Hier müssten Reformen in der Lehrerbildung ansetzen. Den PH sei dringend geraden, ihre Hausaufgaben zu machen, bevor sie sich anstellen Ausbildungsverantwortung mit einem Systemwechsel auszulagern. Wie die Erfahrung, gerade im Bildungssektor zeigt, werden auf diese Weise selten die Erwartungen erfüllt.
    Wäre es nicht zweckmässiger die Grundausbildung (Bachelor) der PL zu verlängern, um so die offenkundigen Defizite auszumerzen? Jedenfalls erfahre ich fast täglich die Zeichen einer dramatischen Entprofessionalisierung der Arbeit an der Primar- und Oberstufe. Falls diese nicht unterschwellig sogar erwünscht ist, müsste ohne Verzug Gegensteuer gegeben werden. Jedenfalls haben die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes Anspruch auf Transparenz und Ehrlichkeit. Viele warten darauf, endlich die angekündigten Verbesserungen in der P r a x i s zu sehen.

    Wie so oft schon droht der LCH sich in einen heillosen Aktivismus zu verstricken (s. Standardisierung; Frühfremdsprachen…). Offenbar genügt es nun schon, wenn mit der Masterausbildung in der EU gedroht wird, um den LCH in proaktive Panik zu stürzen. Doch: Unsere (Primar-)Lehrer werden grundsätzlich für den CH-Markt ausgebildet. Dies ist keine Frage der Globalisierung.

    Als Gipfel der Naivität empfinde ich die folgende Aussage des LCH Chefs:

    «Für Männer ist der Aspekt der Laufbahnentwicklung im Beruf sehr wichtig», stellt Zemp fest. Anders gesagt: Ein Master strahlt mehr Prestige aus und verspricht Lohnzuwachs.

    Wo findet sich denn die beschworene Laufbahnentwicklung im Lehrerberuf, abgesehen von der Weiterbildung zum (…ach so begehrten und einträglichen) Schulleiter?
    Der LCH sollte endlich akzeptieren, dass sich junge Menschen für einen Beruf mit Karrieremöglichkeit oder für den Lehrerberuf entscheiden. Beides geht nicht wirklich zusammen. Der Verband ist zwar offensichtlich bemüht, Visionen zu Möglichkeiten für Lehrerkarrieren zu entwickeln, welche aber kaum als Karrieresprung wahrgenommen werden können. Die Vorschläge weisen eher auf zusätzliche Arbeitsvergabe an LP ohne Prestige- und Lohngewinn. Prestigezuwachs oder gar Lohnzuwachs gehören in diesem Zusammenhang ins Reich der Träume. Kurz: Eine obligatorische Masterausbildung für PL ist kein effektiver Gewinn, sie rechtfertigt den finanziellen und ausbildnerischen Aufwand nicht.

    Dass der Ruf der PHs nach Masterausbildung lechzen, dürfte einsichtig sein. Dieses Verlangen hat weniger mit dem Streben nach einem Qualitätsgewinn für die Absolventen, als mit dem Unbehagen für das Versagen in der regulären Primarlehrer-Ausbildung mit Bachelor Abschluss zu tun. Hinzu kommt das „natürliche“ Streben der PH nach Bedeutungszuwachs und Akzeptanzgewinn im Reigen der Hochschulen und Universitäten.

    Im Übrigen unterstütze ich Herrn Amslers Auffassung vollumfänglich.
    Ich sehe keine überzeugenden Gründe, warum wir nicht weiterhin beim freiwilligen, vollwertigen Masterabschluss mit persönlichen Zielsetzungen für karrierebewusste Lehrerinnen und Lehrer bleiben sollten.

    PS: Ich warte auf den Dr.päd. der bestimmt bald auftauchen…und dem Lehrpersonal an Kindergärten und Volksschulen doch noch den erhofften Prestigegewinn und die Lohnerhöhungen bringen wird.

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