30. November 2011

Basel publiziert Bildungsbericht

Das Erziehungsdepartement hat den Bildungsbericht 2010/11 veröffentlicht. Der 112 Seiten starke Bericht erscheint einmalig und stellt den Ist-Zustand des Bildungssystems Basel-Stadt vor der beschlossenen Reform (sechs Jahre Primarschule und drei Jahre Sekundarschule) dar. Interessanter Befund: Rund 80% der Lehrerinnen und Lehrer arbeiten Teilzeit. In Zukunft erfolgt die Berichterstattung gemeinsam mit den Kantonen Aargau, Baselland und Solothurn. 
Titelseite des Bildungsberichtes (opens in new window)
Der Bildungsbericht kann hier abgerufen werden.

Berner Volksschule baut Lektionen ab

Das Berner Parlament beschloss einen Lektionsabbau in der Volksschule. Von der Reduktion betroffen sind die Fächer Werken und Natur, Mensch und Mitwelt. Gleichzeitig finanziert der Kanton die Einführung einer freiwilligen Basisstufe.
Volksschule muss Lektionen abbauen, Berner Zeitung, 29.11.

29. November 2011

BDP: Zwei Frühfremdsprachen sind zuviel

Die BDP Graubünden fordert von der Kantonsregierung eine Antwort auf die Frage, ob sich die Einführung von zwei Frühfremdsprachen in der Schule gelohnt hat. Die Partei glaubt: "Eher nicht". Niemand habe den Mut, einzugestehen, dass das Fuder damit überladen worden sei.
"2 Frühfremdsprachen sind zuviel", Regionaljournal DRS, 29.11.

Mehr Lohn für Aargauer Lehrer

Die Aargauer Lehrer erhalten 2012 mehr Lohn, nämlich 1,2 Prozent. Diese Lohnerhöhung war aber im Grossen Rat sehr umstritten: Die SVP forderte eine Erhöhung von 0,5 Prozent. Dieser Antrag wurde aber mit 72 zu 65 Stimmen abgelehnt. 
Aargauer Staatspersonal erhält mehr Lohn, Regionaljournal DRS, 29.11.

Mehr Bewegung für weniger privilegierte Kinder

Das bosnische Mädchen ist weniger geschickt und weniger sportlich als der Schweizer Junge, mit dem es in die gleiche Klasse geht. Und der albanische Junge zeigt tendenziell weniger Leistung im Turnunterricht als sein Kollege aus Deutschland. So lassen sich die Erkenntnisse einer ETH-Studie bei 600 Winterthurer Primarschülern interpretieren. Kinder aus Südosteuropa sind im Durchschnitt weniger geschickt und weniger beweglich als ihre Schweizer Schulkollegen.
Gefälle nach Religionen: Reformierte, katholische oder konfessionslose Mädchen haben beim Sporttest der ETH die Nase vorn.
Gefälle nach Religionen, Grafik: TA.
Muslim-Mädchen schneiden in Sporttest am schlechtesten ab, Tages Anzeiger, 29.11. von René Donzé
Winterthur plant Sportangebot für muslimische Mädchen, Regionaljournal DRS, 29.11.

28. November 2011

Zentralschweiz mit neuem Chef

Der neue Präsident der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz (BKZ) heisst Stephan Schleiss. Der Zuger Erziehungschef löst am 1. Januar 2012 den Nidwaldner Bildungsdirektor Res Schmid ab. Das BKZ-Präsidium wechselt alle zwei Jahre.
Stephan Schleiss.
Stephan Schleiss (SVP), Bild: Neue ZZ
Der neue Präsident heisst Stephan Schleiss, Neue Luzerner Zeitung, 28.11.

27. November 2011

Baselbieter stützen Bildungsrat

Mit einer Stimmbeteiligung von 20% lehnten die Baselbieter eine Initiative ab, die dem Landrat mehr Einfluss auf Lehrpläne und Stundentafeln gegeben hätte. Für die Änderung gewesen waren im Parlament SVP und FDP, dagegen SP und CVP/EVP und gespalten die Grünen. Das Stimmenverhältnis betrug 41.7% Ja gegenüber 58,3% Nein.

Was die Schüler lernen sollen, entscheiden weiterhin die Experten des Bildungsrats und nicht das Kantonsparlament, Bild: Keystone
Kein Mitspracherecht für den Landrat, Basler Zeitung, 27.11.

Geld und Aktien als Pflichtstoff für Erstklässler

Im Lehrplan 21 ist Unterricht zu Geld und Wirtschaft bereits an der Volksschule vorgesehen. Der Unterricht in Geldfragen soll schon auf Primarschulniveau beginnen. Bereits Knirpse im Alter von sieben Jahren sollen erste Finanzkompetenzen vermittelt bekommen. Christoph Mylaeus, Geschäftsleiter der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz bestätigt: "Das Thema bildet einen neuen Schwerpunkt im Lehrplan 21". Auch der LCH begrüsst das Vorhaben. Beat Zemp vom LCH meint, Ziel sei, dass am Ende der Sekundarschule jeder Schüler in der Lage sei, Informationen über Finanzprodukte nachzuvollziehen. Roland Isler, Verbandspräsident der Betreibungsbeamten im Kanton Zürich meint:"Wenn Bildung in Finanzthemen erst an der Oberstufe beginnt, ist es eigentlich schon zu spät".

Quelle: Primarschüler sollen Finanzwissen büffeln, NZZaS 27.11. von Katharina Bracher

Ich reibe mir die Augen und denke noch immer an einen Scherz. Aber die zitierten Leute meinen es ganz offensichtlich ernst. Besonders erheiternd fand ich Beat Zemp mit seiner Rechtfertigung: "Schweizer müssen im Gegensatz zu anderen Staatsbürgern den grössten Teil der Altersvorsorge privat ersparen. Gutes Finanzwissen ist dafür elementar". Wie wäre es denn mit elementarem Wissen in Rechnen und Lesen? Der Lehrplan 21 öffnet nun ein Adventsfensterchen nach dem anderen - eines bunter und lustiger als das andere.

26. November 2011

Zürcher Bildungsverwaltung kostet jährlich über 70 Millionen

"Der Bildungsverwaltung wird entgegen den Fakten immer Bürokratie vorgeworfen", dies meint die Zürcher Bildungschefin Regina Aeppli. Nun muss sie laut einem Beschluss des Kantonsrates 4,3 Millionen einsparen. Hier ein paar Zahlen: 2009 budgetierte man noch 82,9 Millionen nur für die Bildungsverwaltung. Dieses Jahr wurden 73 Millionen beantragt. 
«Uns wird immer Bürokratie vorgeworfen»: Bildungsdirektorin Regina Aeppli.
Regine Aeppli hält den Sparauftrag des Kantonsrats für respektlos, Bild: Sophie Stieger
"Der Abbau von 30 Stellen ist fast nicht möglich und kontraproduktiv", Tages Anzeiger 26.11. von Daniel Schneebeli

Untergymnasium nicht nötig

An einem Podium von Bildung Thurgau diskutierten Lehrer, Schulleiter und Politiker über Löhne, Entlastung und den Lehrplan 21. Zum Thema Löhne und Entlastung fordern die Lehrer Verbesserungen. Auch das Thema Untergymnasium wurde besprochen. Die meisten Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass die Anforderungen durch die Sekstufe I bereits erfüllt werden.
Verzweiflungsschrei der Lehrer, St. Galler Tagblatt online, 26.11. von Brenda Zuckschwerdt

Demonstrationen im Baselbiet

Gegen das Sparpaket der Baselbieter Regierung haben am Freitag Lehrpersonen in Liestal, Birsfelden und Muttenz protestiert. "Ein Flächenbrand ziehe über den Kanton Baselland", sagte der Präsident des Baselbieter Lehrerinnen- und Lehrervereins (LVB) Christoph Straumann. Sparen in der Bildung könne teuer werden, und das Sparpaket der Regierung führe zu einer Stagnation im Bildungsbereich.
Lehrerprotest in Muttenz: «Wie wertvoll ist unsere Jugend?».
Lehrerprotest in Muttenz, Bild: Kostas Maros
Lehrer demonstrieren gegen das Sparpaket, Basler Zeitung, 25.11.

24. November 2011

Bildungs-Initiativen gegen Sparpaket in Baselland

Das Komitee "Gute Schule Baselland" hat zwei Initiativen eingereicht. Eine gegen überfüllte Klassen mit 5486 Unterschriften, die andere für mehr individuelle Betreuung der Schüler mit 4693 Unterschriften. Die grosse Zahl der Unterschriften sei ein Signal an die Baselbieter Regierung, gegen Sparmassnahmen in der Bildung, schreibt das Komitee.
Quelle: sda 

Sprachenquiz

Sprachenquiz
Wie gut kennen Sie die europäischen Sprachen? Hier geht's zu einem Sprachenquiz herausgegeben von der Europäischen Kommission.

Mint-Fächer fördern



Wie lassen sich Kinder und Jugendliche für die Mathematik, die Informatik, die Naturwissenschaften oder die Technik (kurz: Mint) begeistern? Hervorgerufen durch den Mangel an Fachkräften im Mint-Bereich, beschäftigt diese Frage nicht mehr nur Didaktiker, Lehrpersonen und Bildungsforscher, sondern durch die Implikationen für die Wirtschaft auch zunehmend die Politik. Konkret geschehen ist bis jetzt noch nicht allzu viel; vom Bund wurde immerhin ein Bericht verfasst, der aber noch kaum eine Wirkung entfaltet hat.

Im Sommer formierte sich die private Stiftung Mint Education (NZZ 9. 9. 11), die nun erstmals - zusammen mit dem Forum Bildung - zu einer Tagung geladen hat, um ihre Anliegen kundzutun. Es gehe darum, die Mint-Problematik energisch anzupacken, sagte Richard Bührer, der Leiter des Projekts «Bildung und Nachwuchsförderung im Disziplinenverbund Mint» am Mittwoch in Olten. Bührer, der Vorstandsmitglied der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften ist, möchte eine umfassende Bildungsinitiative zugunsten der Mint-Fächer starten. Das Projekt ist aufgeteilt in Module, in denen sämtliche Bildungsstufen von der obligatorischen Schule bis zur Universität, aber auch die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen, ausserschulische Lernorte, die Politik und die Öffentlichkeit angesprochen werden sollen. Namhafte Vertreter aus Wissenschaft und Politik konnten bereits als Modulverantwortliche gewonnen werden.
Alle Fragen, seien es bildungspolitische, finanzielle oder strukturelle, werden von der eingangs erwähnten Kernfrage überspannt. Auf diese gibt es keine einfachen, schematischen Antworten, doch klar ist, dass Eltern und Lehrpersonen zentrale Akteure sind. Und weil dem so ist, sprachen die Redner in Olten massgeblich über pädagogische und didaktische Fragen.
Wie Peter Labudde von der Pädagogischen Hochschule an der Fachhochschule Nordwestschweiz ausführte, ist bereits bei den 4- bis 11-Jährigen die Neugierde für naturwissenschaftliche Phänomene zu wecken. Dies geschehe über Erlebnisse und Erfahrungen. Als Beispiele nannte er Exkursionen in den Wald oder die Einrichtung einer «naturkundlichen Spielecke» im Kindergarten. Besonders gelte es, das Selbstvertrauen und das Wissen der Lehrpersonen auf der Primarstufe zu erhöhen. 
Richard Bührer betonte, die Stiftung Mint Education wolle zur Plattform werden, auf der sich die nationalen Akteure zur Behandlung der Mint-Frage zu treffen hätten. Reibereien mit Verantwortlichen beim Bund, insbesondere im Volkswirtschaftsdepartement, sind damit nicht auszuschliessen. Es wäre dem Projekt zu wünschen, dass es im Lichte der Dringlichkeit des Anliegens betrachtet und behandelt wird und nicht durch Zuständigkeitsfragen oder gar Missgunst behindert würde.
Die Kinder neugierig machen - Mint-Fächer sollen gefördert werden, Bild: Schulministerium nrw.de
Aus: NZZ, 24.11. von Michael Schoenenberger, leicht gekürzt.

23. November 2011

Breites Bündnis gegen Frühenglisch

Regierung, Bildungskommission, Lehrpersonen und Schulbehörden sind gegen Englisch als erste Frühfremdsprache in Graubünden. Wirtschaftsverbände und Teile der FDP-Fraktion fordern aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit, dass Graubünden die Reihenfolge der Fremdsprachen ändert und mit Englisch beginnt. Regierungsrat Martin Jäger sagte: "Es wurde jahrelang gestritten, bis der Grosse Rat das Konzept schliesslich mit einer Stimme Unterschied beschlossen hat ... jetzt wieder etwas zu verändern, wäre unvernünftig". Unterstützung erhielt Jäger vom  Rektor der PHGR, Johannes Flury. Es mache wenig Sinn, die deutschsprachigen Bündner Schulen an das zum Beispiel im Kanton St. Gallen praktizierte Modell anzugleichen und damit "ein interkantonales Problem zu lösen und dafür ein innerkantonales Problem zu schaffen". Die Präsidentin der grossrätlichen Bildungskommission, Sandra Locher Benguerel (SP) meint:"Ich kann mir vorstellen, dass die Schweizer Schulen langfristig wieder zu einer Frühfremdsprache in der Primarschule zurückkehren". Fabio Cantoni, Präsident des Verbandes Lehrpersonen GR votierte dafür, Schülern und Lehrpersonen wieder mehr Zeit für die Bewältigung der Lerninhalte zu geben. Es spiele keine Rolle "mit welcher Sprache man beginnt". Gabriela Aschwanden-Büchel, Präsidentin des Schulbehördenverbandes sagte: "Die heutige Schule ist viel zu kopflastig", man könne deshalb von den Schülern "nicht noch mehr Leistung und noch mehr Sprachen verlangen".
Quelle: Südostschweiz, 23.11.

Aktuelle Statistik zur Volksschule Luzern

Wie entwickeln sich die Schülerzahlen und Klassen? Wie steht es mit den Klassengrössen und dem Anteil ausländischer Schüler, wie mit der Verteilung der Lernenden auf die Niveaus der Sekundarschule? Die aktuellen Zahlen und Entwicklungen der Volksschulen im Kanton Luzern sind mit Kommentar im neuen Zahlenspiegel einsehbar.
Aktuelle Statistik Volksschule Luzern, Quelle: Volksschulbildung Luzern

Fragen zum Luzerner Volksschulbildungsgesetz

  • Warum werden im kooperativen Modell keine getrennten Klassen der Niveaus A und B zugelassen?
  • Warum wird in Kauf genommen, dass das Niveau A im kooperativen Modell geschwächt und die Begabtenförderung erschwert wird?
  • Wie sind die Vorgaben für die minimale Zahl der Lernenden pro Jahrgang zu Stande gekommen?
Diese und weitere Fragen stellt die Luzerner Kantonsrätin Heidi Duss-Studer dem Regierungsrat. Im nachfolgenden Link sind die Antworten der Regierung zu lesen. Nicht nur für Luzerner interessant.

Die Luzerner CVP-Politikerin Heidi Duss-Studer, Bild: lu-wahlen.ch
Anfrage Duss-Studer, Kanton Luzern, Protokoll-Nr. 1169, 7.11.

Berner dürfen Basisstufe führen

Die bernischen Gemeinden sollen den Kindergarten und die ersten zwei Schuljahre zu einer Einheit zusammenlegen dürfen. Der Grosse Rat gab grünes Licht für die freiwillige Einführung der Basisstufe. Viele ländliche Politiker sehen die Basisstufe als probates Mittel, um die Schule im Dorf zu halten. 
Klare Mehrheit für Basisstufe im Grossen Rat, Berner Zeitung, 23.11.
Bernischer Grosser Rat bewilligt Basisstufe, Regionaljournal DRS, 23.11.

Italienisch in Obwalden definitiv gestrichen

Ab dem Schuljahr 2012/13 wird an der Kantonsschule Obwalden in Sarnen Italienisch als Schwerpunktfach gestrichen. In seiner Antwort auf eine SP-Interpellation begründet der Regierungsrat diesen Entscheid damit, dass Italienisch sowie Latein jeweil wegen mangelndem Interesse nur knapp geführt werden konnten. Die Regierung beschloss, Latein beizubehalten. 
Nach Ansicht der Regierung wird der Bildungsstandort Obwalden dadurch nicht weniger attraktiv. Wer Italienisch als Schwerpunktfach wähle (als Freifach wird es weiterhin angeboten), der könne dieses unentgeltlich in Stans oder Luzern studieren, Obwalden zahle in diesen Fällen das Schulgeld.
Es bleibt dabei: Obwalden schafft Italienisch ab, Neue Luzerner Zeitung, 23.11.
Keine Italienischmatura mehr in Obwalden, Regionaljournal DRS, 23.11.

22. November 2011

Zittern um Basisstufe in Bern

Die Botschaft zur Teilrevision des Berner Volksschulgesetzes sieht die Einführung einer Basisstufe (Verschmelzung von zwei Jahren Kindergarten und den ersten beiden Primarschuljahren) auf freiwilliger Basis vor. Hier geht es aber eigentlich gar nicht um die neue Schulform (siehe auch: "Kinder sind wegen der Basisstufe nicht besser"), sondern um die Möglichkeit für kleine Gemeinden, ihre Schulen weiterhin führen zu dürfen. Die Eintretensdebatte zeigte, dass die Reform umstritten ist. Dies auch darum, weil die Evaluation der Basisstufe nicht zu den gewünschten Ergebnissen führte. Wieso werden in der Primarschule Lektionen aus Spargründen gestrichen und bei der umstrittenen Basisstufe ist man bereit, zusätzlich Geld zu sprechen? Kann mir das mal jemand erklären?
Der zweijährige Kindergarten für alle Kinder ist ein Schwerpunkt der Revision und unbestritten im Grossen Rat.
Unbestritten bei der Reform des Schulgesetzes ist der zweijährige Kindergarten. Bild: keystone
Basisstufe entzweit Gemüter der Berner Politiker, Berner Zeitung, 22.11. 



21. November 2011

Sexualkunde: Lehrer nehmen's gelassen

Erregend am Thema Sexualkunde in der Volksschule sei vor allem die Debatte der Erwachsenen, meint Sabine Windlin in ihrem Artikel. Die skandalisierenden Schlagzeilen kontratstierten mit der Abgeklärtheit, mit der die Lehrer das Thema angehen. Diese wichen dem Thema Sex im Schulunterricht nicht aus, gäben sich aber auch nicht freiwillig der Lächerlichkeit preis.
Antworten gibt es im Schulunterricht: Frage zur Sexualität von Schülern und Schülerinnen (Bild: NZZ / C. Ruckstuhl)
Fragen zur Sexualität von Schülern, Bild: NZZ/C. Ruckstuhl
Sexualkunde ganz ohne Hysterie, NZZ, 21.11. von Sabine Windlin

20. November 2011

Beat Kappeler zur Schweizer Schule

Beat Kappeler schreibt wöchentlich eine Wirtschaftskolumne in der NZZaS. Ich bringe hier einen Auszug aus seiner Wirtschaftskolumne "Mein Standpunkt" aus der NZZaS vom 20.11.
Wir leisten uns zu viele schöne Dinge, genau wie bis zuletzt die Griechen
... Viertens die Erziehungsbürokratie. Von Volksschule bis Fachhochschule und Universität laufen unendliche Reformrunden für Pensen, Bewertungen, Evaluationen, Mediationen, für Förderung und Einebnung gleichzeitig. Dies bringt abgehobene Schulleitungen, die Sitzungsorgien auferlegen und Rapporte von den wenigen, die noch lehren, schreiben lassen. 
In Zürich sollen jetzt diese Leiter zu Managern ohne Lehrdiplom und ohne Lehrpflicht werden. Wo ist der Regierungsrat, der die Lehrer wieder ernst nimmt und ihnen selbst die Begabtenförderung, die Mediation, die uferlose Therapierung übertragt, der die Prozentchen-Teilzeit verbietet und so den Lehrerberuf wieder zu einer geachteten Berufung macht? Wenn all die Mediatoren, Evaluatoren, Sonderförderer und Lehrplanflicker wieder unterrichten würden, wäre der Lehrermangel zu Ende.

Beat Kappeler, Kommentator bei der NZZaS und Le Temps, Dr. h.c. der Universität Basel, Bild: NZZ

Guten Abend, gut Nacht ...

Jetzt hat's auch die Bündner Wirtschaft gemerkt: Das Bündner Sprachenmodell mit Italienisch ab der 3. und Englisch ab der 5. (Deutschbünden), Deutsch ab der 3. und Englisch ab der 5. (Romanisch- und Italienischbünden) führt ins Abseits. Dies gilt nicht nur für die Schulkinder, sondern auch die Bündner Wirtschaft selbst macht sich Sorgen: Wer will schon in einen Kanton ziehen, wo die eigenen Kinder im Fremdsprach-Unterricht nochmals von vorne beginnen müssten? Andererseits überlegen es sich Bündner Familien aus den gleichen Gründen genau, ob sie wirklich wegziehen wollen.
Die Wirtschaft fordert nun Englisch als erste Fremdsprache und Französisch als zweite. Bereits die FDP forderte im Oktober aus heiterem Himmel Englisch als erste Fremdsprache im Kanton. Nur: Die FDP als stärkste Fraktion im Grossen Rat war massgeblich mitbeteiligt am Bündner Zwei-Frühsprachen-Modell. Ein Modell, bei dem man den nahtlosen Übertritt von der Primar in die Sek noch immer nicht geschafft hat: Alle Schüler beginnen in der Sek wieder bei Null.
Und als Italienisch in Deutschbünden eingeführt wurde und sich die Sekundarlehrer vehement für ein Wahlmodell (Französisch oder Italienisch) engagierten, da hörte man aus den Teppichetagen der Bündner Wirtschaft vor allem eines: schnarch, schnarch, schnarch ...
Regel statt Ausnahme: Die Bündner Kinder sollen als erste Fremdsprache Englisch lernen. (Bild Keystone)
Auch Bündner Schulkinder sollen zuerst Englisch lernen, Bild: keystone
Schulpolitik: Bündner Wirtschaft giesst Öl ins Feuer, Südostschweiz , 20.11. von Olivier Berger

18. November 2011

Aargau: Integrativer Unterricht kostet 36 Millionen

Integrativer Unterricht ist eine Alternative zu Kleinklassen. Dabei steht der Lehrperson unter anderem ein Heilpädagoge zur Seite. Dieser hilft Schülern mit Lernschwierigkeiten während des Unterrichts. Im Jahr 2010 kostete dieser integrative Unterricht 36 Millionen Franken. Beim Kanton ist man überrascht -  man hat mit mehr gerechnet.
Integrativer Unterricht kostet 36 Millionen, Regionaljournal DRS, 18.11.

Stadt macht Schule

Die Städte fühlen sich - was Schule betrifft - als Vorreiter. Selbstbewusst sagt Barbara Eberhard, die Präsidentin der Städteinitiative Bildung, dass sich gesellschaftliche Entwicklungen zuerst in den Städten zeigten. Die Städte als Pioniere. Das Positionspapier stellt die Herausforderungen und Chancen der Städte vor und nennt auch konkrete Massnahmen zur Umsetzung.
Stadt macht Schule herausgegeben von der Städteinitiative Bildung



17. November 2011

Sekundarschulen gegenüber Langzeitgymnasien stärken

Der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss hat verschiedene Massnahmen vorgestellt, wie er die Sekundarschule gegenüber dem Langzeitgymnasium stärken will. Im Kanton Zug wechselt knapp jedes fünfte Kind nach der 6. Klasse ins Langzeitgymnasium. Die Quote ist in den letzten zehn Jahren von 14,7 auf 18,4 Prozent angestiegen.
Schülerinnen an der Sekundarschule im Schulhaus Loreto in Zug, aufgenommen im März dieses Jahres.
Sekundarschülerinnen aus Zug, Bild: Werner Schelbert
Zuger Sekundarschulen werden attraktiver, Neue Luzerner Zeitung, 17.11.

Praxistest nicht bestanden

Kommentar von Denise Alig zum romanischen Sprachenstreit  "Südostschweiz" vom 17.11.
2003 hat der Grosse Rat beschlossen, romanische Lehrmittel nur noch in Rumantsch Grischun herauszugeben. Der Rat wollte damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. So sollten die Lehrmittel in den fünf Idiomen aus Kostengründen verschwinden. Gleichzeitig sollte die noch junge Einheitssprache Rumantsch Grischun definitiv den Durchbruch schaffen. Wie einleuchtend und elegant wirkte sie doch, diese Lösung! Mahnende Stimmen gab es zwar, doch niemand mochte sie hören. Zu gross war die Euphorie über den genialen Doppelschlag.
Acht Jahre später muss man feststellen: Das Konstrukt war zu schön, um wahr zu sein. Nur ein Drittel der romanischen Gemeinden alphabetisiert die Kinder in Rumantsch Grischun. Zwei Drittel der Gemeinden pfeifen auf die vom Kanton herausgegebenen Lehrmittel in der Kunstsprache. Der grosse Coup hat sich als grosser Irrtum herausgestellt: Das 2003 gewählte Modell hat den Praxistest nicht bestanden.
Wenn etwas nicht funktioniert, das den Alltag vieler betrifft, gehen Menschen aufeinander los. Auch in der Rumantschia. Es herrscht Psycho-Krieg pur. Um diesen zu befrieden, sind Entscheidungsträger beider Lager über ihren Schatten gesprungen und dem vorliegenden Kompromiss gefolgt. Das grenzt an ein Wunder, genauso wie die Tatsache, dass Vorberatungskommission und Regierung den Kompromiss ebenfalls befürworten. Der Friede ist in greifbare Nähe gerückt... Wäre da nicht die Pro Rumantsch, die zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt kräftig Öl ins Feuer giesst. Doch bei allem Lärm, den sie macht - in diesem delikaten letzten Romanen-Jahr waren es die Pragmatiker und nicht die Ideologen, die zukunftsfähige Lösungen vorlegten. Das wird auch der Grosse Rat so sehen. 

Rumantsch-Hardliner gefährden Kompromiss

"Überhaupt nicht einverstanden" mit dem zuhanden des Grossen Rates erarbeiteten Kompromissvorschlag in der Frage der romanischen Lehrmittel ist die Bewegung Pro Rumantsch (1200 Mitglieder). Die romanische Dachorganisation Lia Rumantscha hat dem Frieden zuliebe einen Kompromiss erarbeitet, der die hässlichen Dimensionen des Zwists beenden soll. Der Krach reisse Gräben nicht nur durch Dörfer, sondern selbst durch Familien. Freundschaften würden gekündigt und das Streitniveau liege oft unter der Gürtellinie.
Hier treffen Ideologen und Fundamentalisten aufeinander, denen es schon lange nicht mehr ums Wohl des Kindes geht. Es geht um die romanische Sprache, die halt einfach serbelt. Dabei wird die Schule von beiden Lagern als Rettungsanker beansprucht. So ist selbst beim Kompromissvorschlag eigentlich noch alles unklar: Lehrmittel, Verhältnis RG: Idiome, mündliche und schriftliche Sprachverwendung etc.. Es ist bezeichnend, dass noch niemand die Frage gestellt hat, was denn ein romanisches Kind heute braucht, um gut durchs Leben zu kommen. Werbesprüche und Durchhalteparolen sind halt einfach zu wenig, sorry.
Offener Brief der Pro Rumantsch

Kurs für Wiedereinsteiger

Graubünden hat auch bezüglich Arbeitsbedingungen (Arbeitszeit und Lohn) den Anschluss an die Restschweiz verloren. Die Aussichten, dass der Grosse Rat diese Situation grundlegend verändert, stehen schlecht - siehe Beitrag. Die PHGR setzt jetzt auf Wiedereinsteiger und wendet sich an ehemalige Lehrpersonen. Diese sollen wieder in ihrem Beruf tätig werden. In einem Kurs der PH in Chur wird über die aktuellen Lehrpläne und Lehrmittel und die neueren didaktischen Ansätze informiert. Nach insgesamt fünf Kursabenden sollen die Lehrer in die Lage versetzt werden, bereits ab nächstem Schuljahr ihre Lehrtätigkeit wieder aufzunehmen.
Quelle: Südostschweiz, 17.11.

EDK für mehr Abschlüsse auf Niveau Sek II

Bis im Jahr 2015 sollen in der Schweiz 95% der jungen Erwachsenen einen Abschluss auf Sekundarstufe II erwerben. Das bedeutet z.B. einen Lehrabschluss, ein FMS/HMS-Diplom oder die Matur. Heute sind es 90%. Als Beitrag an diese Zielerreichung hat die EDK an ihrer Jahresversammlung vom 27./28. Oktober 2011 in Stein am Rhein Empfehlungen an die Kantone verabschiedet. 
Angesichts der Tatsache, dass 20% der Knaben (14% der Mädchen) die obligatorische Schule ohne zufriedenstellende Lesekompetenzen verlassen, bin ich überrascht, dass 90% einen Abschluss auf Niveau Sek II überhaupt schaffen. Ohne Offensive bei den Deutschkenntnissen sind 95% ein Wunschtraum - ausser man macht's wie bei der Maturaquote :-)
Medienmitteilung der EDK vom 17.11.

16. November 2011

Bildungsrat soll Kompetenzen verlieren

Eine brisante Frage kommt am 27. November in Baselland zur Abstimmung. Sollen die Kompetenzen des Bildungsrates beschnitten werden? 
Der Bildungsrat ist für die einen ein ideologisches Tummelfeld linker Pädagogen, für die anderen ein sorgfältig austariertes Gremium. Einem dritten, wenn auch kleinen Grüppchen, ist nicht wohl dabei, wenn eine Handvoll Leute im stillen Kämmerlein wichtige schulpolitische Entscheide fällt. Das dreizehnköpfige Baselbieter Gremium entscheidet über Lehrpläne und Stundentafeln, sagt, ab wann und aus welchem Buch Französisch, ab wann Englisch gelehrt wird, sagt wie viele Mathe-, wie viele Deutschstunden im Stundenplan der Kinder stehen. An der Spitze des Bildungsrates steht der Bildungsdirektor, ihm zur Seite stehen Vertreter der Schule, der Parteien, der Wirtschaft, der Gewerkschaften, der Kirche.
An einem Entscheid des Bildungsrates wird nicht mehr gerüttelt, seine Beschlüsse sind abschliessend. In der Abstimmungsvorlage soll das Parlament die Kompetenz erhalten, Beschlüsse des Bildungsrates zurückzuweisen. Der Landrat will also mitentscheiden, nicht bloss abnicken. Dagegen befürchten Gegner der Vorlage eine Ideologisierung der Bildungspolitik.
Quelle: Basler Zeitung, 16.11. von Peter de Marchi

Lia Rumantscha mit Kompromiss im Sprachenstreit

Um "einen Krieg zu vermeiden" stellt die Dachorganisation der Romanen, die Lia Rumantscha, einen Kompromiss im Streit zwischen Rumantsch Grischun und den Anhängern der Idiome vor. 
Die Lia schlägt vor, die Einheitssprache und die 5 Idiome in der Schule nebeneinander koexistieren zu lassen. Dabei hat die Dachorganisation den Sprachfrieden laut eigener Aussage erstmals höher gewichtet als die Inhalte der Diskussion. Anhänger der Einheitssprache Rumantsch Grischun kritisieren den Vorschlag: Der Sprachfriede sei ihnen einen schlechten Kompromiss nicht wert. 
Mögliche Wende im Streit um Rumantsch, Regionaljournal DRS, 16.11.

Sexualkunde in Uri weiterhin an der Oberstufe

Im Kanton Uri ist Sexualkunde erst am Ende der Primarschulzeit und in der Oberstufe ein Thema. Dies sagte der Urner Bildungschef Josef Arnold auf eine Interpellation einer SVP-Landrätin.
Bücher aus der «Sex-Box», die im Kanton Basel-Stadt für den Aufklärungsunterricht verwendet werden.
Bücher aus der "Sex-Box", die im Kanton Basel-Stadt für den Aufklärungsunterricht verwendet werden. Bild: keystone.
Keine Sexualkunde in Urner Kindergärten, Neue Luzerner Zeitung, 16.11.

15. November 2011

Neues Bündner Schulgesetz nimmt erste Hürde

Die vorberatende Kommission hat den Vorschlag der Regierung für ein neues Schulgesetz gutgeheissen. Sie geht dabei bei den Löhnen leicht über die Botschaft der Regierung hinaus. Diese hätte bei vielen Lehrkräften zu einem Stopp des Stufenanstiegs geführt und gleichzeitig die Einstiegslöhne von Junglehrern erhöht. Graubünden liegt punkto Löhnen am Schluss der Ostschweiz.  Ein weiterer Punkt ist die Pflichtlektionszahl für Lehrer. Während in St. Gallen darüber gesprochen wird, diese von 28 auf 27 Lektionen zu senken, beträgt sie an der Bündner Volksschule noch immer 30 Wochenlektionen. Im Bericht wird auf diese Frage nicht eingegangen. Der Grosse Rat wird im Dezember über dieses Geschäft beraten.
Mehr Geld und kleinere Klassen für Bündner Lehrer, Regionaljournal DRS, 15.11.

Schulleiter ohne Lehrdiplom

Der Zürcher Kantonsrat beschloss, dass Schulleiter in Zukunft keine Lehrerausbildung mehr benötigen. Dagegen hat der VPOD das Referendum angekündigt. Es drohe eine "Managerisierung" der Volksschule, begründet die Gewerkschaft ihr Vorgehen.
Ausserdem sollen Lehrkräfte mindestens 10 Lektionen unterrichten, im Kindergarten dürfen sich höchstens 2, in der Primarschule höchstens 3 Lehrkräfte eine Klasse teilen.
Schulleiter müssen nicht mehr unbedingt Lehrer sein, NZZ, 15.11. von Walter Bernet
Widerstand gegen Schulleitungen ohne Lehrerdiplom, Regionaljournal DRS, 15.11.

Grobstruktur Lehrplan 21

Die Plenarversammlung der Erziehungsdirektoren der Deutschschweiz hat die Grobstruktur des Lehrplans 21 bewilligt. Es handelt sich dabei um ein kommentiertes Inhaltsverzeichnis, das einen Überblick über die geplanten Inhalte des Lehrplans gibt. Durch die Erläuterung der Kompetenzbereiche werden sowohl die Lehrpläne der Fachbereiche wie auch jene der überfachlichen Themen nun greifbarer. Erläutert werden insbesondere auch die überfachlichen Themen «Berufliche Orientierung» und «ICT und Medien». Im nächsten Sommer soll dann ein erster Entwurf des Lehrplans 21 vorliegen.
Quelle: NZZ, 15.11. (Michael Schoenenberger)
Lehrplan 21 auf Kurs, Informationen des Projekts Lehrplan 21

Roadmovie

Das mobile Kino Roadmovie ist ein vom Bund unterstütztes Kultur- und Bildungsprojekt, das echtes Kino in kleine Schweizer Gemeinden bringt. 
Auf der Tournee 2012 wird an 28 Orten Halt gemacht und den Gemeinden die Möglichkeit eines Kinotages für die Schulkinder und die Dorfbevölkerung zu günstigen Konditionen geboten.
Das Schulprogramm am Nachmittag richtet sich speziell an Primarschüler. Es werden 7 Kurzfilme gezeigt und gemeinsam besprochen. 

Mehr Infos dazu 

14. November 2011

Englisch-Lehrmittel "New World" für Graubünden

Die Bündner Regierung hat beschlossen, dass der Englisch-Unterricht ab der 5. Klasse mit demselben Lehrmittel erfolgen soll, das auch in den übrigen sechs Kantonen, welche Englisch ab der 5. Klasse unterrichten, zum Einsatz kommen wird. 
Diese Kantone (BE, BL, BS, FR, SO und VS) haben sich für den Fremdsprachenunterricht zusammengeschlossen, gemeinsam einen Lehrplan erarbeitet und auch die Produktion eines Lehrmittels für den Englischunterricht in Auftrag gegeben.

New World aus dem Klett-Verlag, Bild: Klett
Englisch-Lehrmittel "New World" für Graubünden, Kanton Graubünden, 14.11.

Reizwort Individualisierung

Das pädagogische Credo des "individualisierten Unterrichts" hat uns alle überrollt. Kaum ein Bericht über die Schule, der nicht auf die Notwendigkeit von konsequenter Individualisierung hinweist. Ich habe das Thema bereits im Zusammenhang mit dem Lehrplan 21 angesprochen
Doch ist der überall und allzeit eingeforderte individualisierte Unterricht denn praxistauglich oder eher ein weiteres Hirngespinst von Erziehungswissenschaftlern? Ja, es gibt grosse individuelle Differenzen in unseren  Klassen. Aber bei Sätzen wie :"Wo die Lernstände der Schülerinnen und Schüler unterschiedlich sind, setzen Lehrpersonen auf eine binnendifferenzierte Lernlandschaft", denke ich mir so meine Dinge. Oder ein weiteres Beispiel aus der schönen modernen Pädagogenwelt: "Jedes Kind hat individuelle Voraussetzungen, die es mitbringt. Die Kunst des Unterrichts mit einer ganzen Klasse ist, so viele Schülerinnen und Schüler wie möglich dort abzuholen, wo sie stehen". Damit man mich nicht falsch versteht: Ich stehe ein für allerhöchste Fach- und Methodenkompetenz der Lehrkräfte. Aber ich befürchte, dass Ansprüche, wie die oben genannten, von niemandem wirklich auch eingelöst werden können. In der Praxis bedeutet Individualisierung oft, dass man den Kindern ein zusätzliches Arbeitsblatt abgibt, während man sich weiter mit den langsameren Lernern beschäftigt. Diese Art der Individualisierung lernt die Kinder, dass es sich kaum lohnt, der Gruppe voraus zu sein. Das einzig praxistaugliche Mittel um mit Heterogenität umzugehen sind - neben den Rückmeldungen bei Leistungskontrollen - flexible Aufgaben. Flexibel bezüglich Umfang, dem Grad der Komplexität und der zur Verfügung stehenden Zeit. 
Zwei Fragen zum Schluss: Wie bringt man Binnendifferenzierung unter einen Hut mit einer gerechten Benotung? Und wenn Individualisierung so wichtig ist, warum verschont man denn die Berufsschulen, Gymnasien und Universitäten davon? Dort stört sich niemand daran, dass sich alle dem vorgegebenen Lerntempo zu unterwerfen haben. 

Individualisierter Unterricht in Deutschland, Bild: gs-matzlow.de
"Wer genauer sieht, kann besser fördern", Bildungsseite der Basler Zeitung vom 14.11. 

13. November 2011

Italienisch in der Klemme

Das Schulfach Italienisch droht zu einem Nischenangebot zu werden, schreibt Felix E. Müller in der NZZaS, 13.11.

Umstrittenes Zürcher Volksschulgesetz umgesetzt

Im Jahr 2005 haben die Zürcher Stimmenden dem neuen Volksschulgesetz klar zugestimmt. Dieses Gesetz löste einen Reformprozess aus, der jetzt zu einem - vorläufigen - Abschluss gekommen ist. Regierungsrätin Aeppli sagte, die Schulreform sei kein Beschäftigungsprogramm, sondern ziele auf einen besseren Unterricht. Auch wenn man nicht auf den Lorbeeren ausruhen dürfe, habe man viel gewonnen. So erbringe die Schule eine gesellschaftliche Integrationsleistung, wie keine andere Institution sie schaffe. 
Ein Etappenziel ist erreicht, NZZ, 12.11. von Walter Bernet

Hyperaktive Kinder - Modeerscheinung oder Warnsignal?

Kilian ist neun Jahre alt und immer ein bisschen  nervös, Celine ist 14 Jahre alt und kann sich schlecht konzentrieren, Dominik ist 12 Jahre alt und der klassische Aussenseiter. Die drei kommen aus intakten Schweizer Familien und haben eine weitere Gemeinsamkeit: Bei allen drei wurde ADHS diagnostiziert. 

Bild: pflichtlektuere.com
Eine Sendung des Schweizer Fernsehens, ausgestrahlt am 10.11.

Kampfeltern machen Lehrern das Leben schwer

Mütter und Väter wollen ihre Kinder um jeden Preis in die höheren Schulen bringen - auch wenn diese gar nicht die Fähigkeiten dazu haben.
Das Kind mittendrin. Jede fünfte Lehrperson fühlt sich ausgebrannt, weil sie aufreibende Gespräche mit Eltern führen muss.
Das Kind mittendrin. Jede fünfte Lehrperson fühlt sich ausgebrannt, weil sie aufreibende Gespräche mit Eltern führen muss. Bild: Basler Zeitung
Kampfeltern machen Lehrern das Leben schwer, Basler Zeitung, 13.11. von Franziska Laur

12. November 2011

Die Volksschule bleibt eine Baustelle

Die Zürcher Schulreformen sind umgesetzt. Sie müssen aber gelebt werden.
Das Banner mit dem aufgestickten Kampfruf «Volksbildung ist Volksbefreiung» hängt wohl noch heute im 1832 eröffneten, inzwischen zur Kantonsschule mutierten Seminar Küsnacht. Mit der liberalen Parole reklamierte eine selbstbewusst gewordene bürgerliche Öffentlichkeit für sich und ihren Nachwuchs das Rüstzeug, das eine sich rasant wandelnde Gesellschaft erforderte: eine Bildung, die - frei von religiöser und politischer Bevormundung - auf das Leben als Bürger und Citoyen vorbereitet. Die Zeiten haben sich geändert, geblieben ist der Anspruch der Volksschule, eine für die Reproduktion einer demokratischen, wirtschaftlich prosperierenden Gesellschaft zentrale Agentur zu sein. Dieser Anspruch wird im Grundsatz zwar nach wie vor kaum bestritten. In der Praxis neigt die Volksschule aber nicht dazu, auf neue gesellschaftliche Anforderungen rasch zu reagieren und so ihre Stellung stets zu festigen. So haben die massive Zuwanderung bildungsferner Gruppen, die gestiegene Bedeutung höherer Bildung, die Ansprüche der Wirtschaft, die bunte Vielfalt der Familienmodelle und vieles mehr in den 1990er Jahren zu einem gewaltigen Reformdruck geführt. Das Aufwachen erfolgte spätestens mit den ersten Pisa-Vergleichen zu Beginn des neuen Jahrtausends.
Der Kanton Zürich reagierte auf den Druck mit einem neuen Volksschulgesetz, das im Juni 2005 vom Volk mit einer 70-Prozent-Mehrheit angenommen wurde. Neben der längst fälligen Aufnahme der Kindergärten in die obligatorische Volksschule setzte es auf die Stichworte Schulleitungen, Integration, Betreuung und Partizipation. Nun sind die Klassen- und Elternräte installiert, die integrative Förderung ist mit Ächzen eingeführt, Blockzeiten und Tagesstrukturen sind umgesetzt und Schulen zu geleiteten und auf gemeinsame pädagogische Ziele ausgerichteten Betrieben umgestaltet. Dass die Bildungsdirektion den Abschluss der zeitlich nach Plan, inhaltlich mit etwelchen Turbulenzen verbundenen Umsetzung am Donnerstagabend mit Vertretern der Schulen gefeiert hat, ist legitim. Es ist offensichtlich gelungen, die Lehrerschaft für ein Selbstverständnis zu gewinnen, das auf die Kooperation in Schulteams baut und die Notwendigkeit verteilter Rollen, namentlich der Führungsrolle der Schulleiter, akzeptiert.
Ob dem Feiern darf aber nicht vergessen werden, dass die Volksschule eine Baustelle bleibt. Reformbedarf herrscht auch jenseits der Buchstaben des Gesetzes. Ewig wartet man etwa auf die Neuformulierung des Berufsauftrags der Lehrkräfte oder auf Lehrmittel, die integrativem Unterricht angemessen sind. Wenn sich durch den Kraftakt der letzten 6 Jahre das Bewusstsein breitgemacht hat, dass Anpassungsprozesse zu den Daueraufgaben der Schule gehören, die nicht aufgeschoben werden dürfen, sind die Voraussetzungen gut, dass die Reformen künftig auch gelebt werden.
Das vom früheren Bildungsdirektor und «Turbo-Reformer» Ernst Buschor beschworene Haus des Lernens ist nicht mehr als stolzer Gründerjahr-Bau auf der Hangkante hoch über dem Zürichsee denkbar. Es muss als flexibler, auf Kommunikation und individuelle Lernmöglichkeiten angelegter Zweckbau mit weit offenen Türen für den Dialog mit Eltern, Lehrbetrieben und lokaler Öffentlichkeit gedacht werden. Die Lautstärke der durch diese Tür angemeldeten Ansprüche wird zunehmen. Darauf zu antworten, ist primär Aufgabe der Schulleitungen. Ihre Fähigkeit, fruchtbare Unterrichtsbedingungen in der Schule zu schaffen und gleichzeitig nach aussen Vertrauen zu wecken, ist ein Schlüssel für den Erfolg der Volksschule. Sie dürfen unbequem sein, um nicht als Erfüllungsgehilfen von Behörden und Bildungsverwaltung zu gelten. Sie müssen in einer Zeit, in der Bildung den beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg prädestiniert, die Grenzen der Schule und ihrer Möglichkeiten, Einzelansprüche zu befriedigen, aufzeigen können. Und sie sollen stur sein in der Verteidigung der für echte Bildung notwendigen Freiräume. Das sind Aufgaben für die Besten im Land, schon heute. Gelingt es ihnen nicht, darin zu bestehen, nimmt der Ruf der Schule schnell Schaden. Denen, die es können, laut die gebührende Hochachtung zu zollen, ist ein Bekenntnis zur Volksschule.
Von Walter Bernet, NZZ, 12.11

Spardruck in Bern führt zu Lektionsabbau

Der Berner Bildungschef Pulver (Grüne) zeigt sich kreativ beim Ausloten von Sparpotential. So schlägt er vor, im 5. und 6. Schuljahr je eine Lektion "Natur-Mensch-Mitwelt" zu streichen. Naturwissenschaften, Geschichte, Geografie und Ethik - das sind Inhalte dieses Fächerkonglomerats - sind ja offenbar nicht so wichtig. In der 2. bis 4. Klasse wird zusätzlich je eine Lektion Gestalten gestrichen. Grund für diese Kürzungen sind die vorverlegten Fremdsprachen, die - so umstritten sie auch sind - jetzt halt andere Fächer verdrängen. Trotz dieses Abbaus müssen die Dritt- und Viertklässler wegen den Fremdsprachen länger zur Schule. 
 «Gestalten»: Künftig eine Lektion pro Woche weniger.
Das Schulfach "Gestalten" wird gekürzt. Bild: keystone
Die Regierung kürzt den Stundenplan, Berner Zeitung, 12.11. von Fabian Schäfer

10. November 2011

PHSG auch für Sek II?

Nach dem Willen der vorberatenden Kommission soll die PH St. Gallen bald auch Lehrkräfte für die Sekundarstufe II ausbilden. Konkret denkt man an Ausbildungsgänge für Lehrpersonen der Berufsbildung. Angebote für Gymnasiallehrpersonen sind vorläuftig nicht vorgesehen.
Kantonsratskommission befürwortet Ausbildung von Lehrpersonen für Sekundarstufe II an PHSG, Kanton St. Gallen, 10.11.

Baselbieter Lehrerschaft fordert Rückzug der Sparmassnahmen

Die Baselbieter Lehrerschaft protestiert gegen das Massnahmen-Paket der Regierung. In einer Resolution fordert die Delegierten-Versammlung der Kantonalkonferenz, dass alle Massnahmen rückgängig macht werden, die die Schule betreffen.
Quelle: Regionaljournal DRS, 10.11.

Zürich: Härtere Massnahmen gegen Disziplinlosigkeit

Ab Januar können im Kanton Zürich Schüler mit Disziplinproblemen für drei Monate in eine Zwangspause geschickt werden. Bisher war dies im Höchstfall für einen Monat möglich. Das so genannte Time-out komme dann zur Anwendung, wenn andere Massnahmen keinen Erfolg zeigten.
Wenn der kurzfristige Rauswurf aus der Klasse nicht mehr reicht: Schüler können neu bis zu drei Monate in ein Time-out geschickt werden. (Symbolbild)
Bild: keystone
"Die Schüler dürfen auf keinen Fall monatelang herumhängen" Tages Anzeiger, 10.11. von Jvo Cukas

The teacher matters

Wagen wir einen Blick nach Deutschland. Auch dort ist die Bildungsdebatte ideologisch geprägt, auf empirische Bildungsforschung konnte man verzichten. So wurde lange die Überlegenheit von schülerzentriertem Unterricht gegenüber lehrergesteuerten Arbeitsformen postuliert. In der Zwischenzeit bahnt sich eine Trendwende an: Es gibt nicht eine einzelne anzustrebende Methode - im Klassenzimmer führen viele Wege nach Rom. Eine Studie des Neuseeländers John Hattie zeigt, dass Schulstrukturen zweitrangig gegenüber dem Können der Lehrkraft sind: Auf den Lehrer kommt's drauf an!

John Hattie, University of Auckland
Doch, er ist wichtig! Zeit online

9. November 2011

Lehrplan 21: "Das erziehungswissenschaftliche Establishment gewinnt"

Ich war heute an einem Fachhearing zum Lehrplan 21 in Zürich. Dabei habe ich mich immer wieder gefragt, ob dieses ambitiöse Projekt wirklich zum Wohl der Kinder und Jugendlichen beiträgt. Als Lehrer macht mir besonders die postulierte "Individualisierung" im Sprachenunterricht Sorgen, wonach jedes Kind bei seinem aktuellen Lernstand abgeholt werden müsse. Für mich ist dieses Ansinnen nicht praktizierbar und wir Lehrer täten gut daran, aufzuwachen und unsere Bedenken zu äussern.
Ausserdem spürte ich eine Diskrepanz zwischen den Positionen der Lehrkräfte und den Lehrplanentwicklern. Während die Lehrer einen kurzen, übersichtlichen Lehrplan verlangten, versuchten die Leute der Projektgruppe möglichst ein alles abdeckendes Werk vorzulegen. Ist es abwegig zu denken, dass die eine oder der andere dabei an die neu zu unterrichtenden Module an der PH dachte?
Dieser Gedanke ist natürlich ketzerisch, aber umgeben von den vielen Fachdidaktikern und PH-Dozenten hatte ich das Gefühl, als Lehrer bald eine ganz grosse 2 auf dem Rücken zu tragen. Zu mächtig ist doch die Vorherrschaft der Administration in dieser Frage.
Im Clip werden kritische Äusserungen gemacht. Wer sich mit dem LP 21 beschäftigen möchte, dem empfehle ich ihn sehr. Besonders der Schluss hat es in sich ...
Es handelt sich dabei um den Gastvortrag von Prof. Dr. Rudolf Künzli zur Frage "LP21- ein bildungspolitisches Projekt?" im Rahmen der internen Weiterbildung für die Mitarbeitenden der PH Zürich vom 7. Oktober 2011.

Grundsatzpapier zu Sexualkunde

Das Thema Sexualkunde in der Schule (oder sogar im Kindergarten) hat hohe Wellen geworfen. Die Steuergruppe des Projekts Lehrplan 21 hat dazu ein Grundsatzpapier zum Themenkreis Sexualität und Lehrplan 21 entworfen. Auf dem gleichen Link kann auch die Stellungnahme der EDK gelesen werden. 

8. November 2011

Aargauer Grosser Rat für Reform der Schule

Die Aargauer Schule soll sich anpassen: Die Primarschule dauert nach dem Willen des Grossen Rates bald sechs Jahre, die Oberstufe noch drei Jahre. Das letzte Wort hat allerdings das Volk am 11. März.
Aargauer Schule - Grosser Rat sagt Ja zu Umbau, Regionaljournal DRS, 8.11.

7. November 2011

Pulver:"Kinder sind wegen der Basisstufe nicht besser"

In einem Interview spricht der umstrittene Berner Erziehungschef Bernhard Pulver (Grüne) überraschend deutlich über die nicht existierenden Vorteile der Basisstufe: " ... es ist so, die Kinder sind wegen der Basisstufe nicht besser in der Schule." Da staunt man, wie der von der schwierigen Finanzlage geplagte Pulver ("ich muss 65 Millionen Franken sparen") noch irgendwo ein Säcklein findet für die Einführung der Basisstufe im Kanton Bern.

Der Berner Erziehungschef hat Geld auch für Dinge, die nichts bringen. Bild: gruene-be.ch
Lesen Sie das vollständige Interview mit Bernhard Pulver. "Man kann nicht behaupten, wir gäben immer mehr Geld aus", Berner Zeitung, 7.11. von Andrea Sommer.

Neue Fremdsprachlehrmittel im Thurgau

Ab Sommer 2013 wird im Kanton Thurgau das neue Englischlehrmittel "Open World" vom Verlag Klett eingeführt. Das jetzige Französischlehrmittel will man bis im Jahr 2016 durch ein Nachfolgelehrmittel ersetzen und für das Niveau G ist ein Zusatzlehrmittel bereits erhältlich.
 Ab 2013 im Thurgau im Einsatz: Open World.

Thurgauer Seklehrer fordern Entlastung für Klassenlehrkräfte

Die Delegierten der Konferenz der Thurgauer Sekundarschullehrkräfte haben erneut eine zweite Entlastungsstunde für Klassenlehrkräfte gefordert. Grund dafür ist die Umsetzung der durchlässigen Oberstufe, welche einen grossen Aufwand erfordere. Harte Worte fielen auch gegenüber der Aktion "Beste Schule Thurgau".
Mehr Entlastung gefordert, St. Galler Tagblatt, 7.11. von Werner Lenzin

Religionsunterricht an St. Galler Primarschule

Die Kirchenleitungen der katholischen und reformierten Kirchen des Kantons St. Gallen sind für die Beibehaltung von zwei Lektionen Religionsunterricht an der Primarstufe. An der Oberstufe wird ab nächstem Schuljahr nur noch eine Lektion erteilt.
Bild: katholisch-informiert.ch
Religionsunterricht gehört zur Schule, St. Galler Tagblatt, 7.11. von Andreas Ackermann

6. November 2011

"Erlöst die Schüler von unnötigen Diagnosen"

In der Schweiz werden immer mehr Kinder wegen Schulproblemen therapiert. Jetzt reicht's, finden zwei Kinderärzte. Sie rufen Mediziner und Psychologen dazu auf, nicht gleich bei jedem Kind einen Defekt zu suchen
Erlöst die Schüler von unnötigen Diagnosen, NZZaS, 6.11. Interview: Simone Schmid
Romedius Alber (48) ist Kinderarzt und Jugendpsychiater, er praktiziert in Baar und lehrt in den Bereichen Entwicklungspädiatrie und systemische Therapie. Zusammen haben sie das Buch «Schulschwierigkeiten: Störungsgerechte Abklärung in der pädiatrischen Praxis» geschrieben. Es richtet sich an Fachleute und soll Leitlinien setzen, wie Kinderärzte ihre Patienten bei Schulschwierigkeiten vernünftig und lösungsorientiert abklären können.
Thomas Baumann (60) praktiziert seit 1986 als Kinderarzt. Er leitet das Entwicklungspädiatrische Zentrum in Solothurn und ist Autor diverser Fachbücher. 
 Romedius Alber    Thomas Baumann

Die Tagesstrukturen sind nicht kindergerecht


Die für Bildung zuständige Zürcher Regierungsrätin Regine Aeppli hat ein ernstes Problem: Internationale (private) Schulen sind zu populär. Konsequenterweise wird der Zugang für nicht belegbar internationale Kinder eingeschränkt. Über diesen Blödsinn lohnt sich eigentlich gar nicht zu schreiben. Wenn da nicht noch ein anderer Grund wäre, weshalb Eltern ihre Kinder unter hohen Kosten an internationale oder zweisprachige Institute schicken: die Tagesschulstruktur.
Das neue Volksschulgesetz schreibt den Gemeinden zwar vor, eine Tagesbetreuung für die Kinder zu gewährleisten. Diese sieht dann aber so aus: Vorschulbetreuung im Hort mit Gruppe A, Unterricht in der Klasse im Schulhaus ennet der Strasse, Mittagstisch mit Gruppe B, Unterricht in der Klasse im Schulhaus, Nachmittagsbetreuung im Hort mit Gruppe C. Vier Wechsel, vier verschiedene Gruppen, zwei bis drei unterschiedliche Lokalitäten, mehrere Bezugspersonen. Kein Wunder, konnten unsere damaligen australischen Nachbarn kaum glauben, dass wir dies in der Schweiz unserem Nachwuchs zumuten.
Oder eben nicht zumuten: Viele Eltern ersparen ihren Kindern die zerhackte Tagesstruktur und schicken sie lieber an private (internationale) Tagesschulen. Öffentliche Tagesschulen haben - Volksschulgesetz und Nachfrage hin oder her - in der Politpraxis keine Chance. Kaum packt eine Partei das Thema an, kommen die «aber» im Multipack.
Erstens: Die Kinder litten unter der Tagesschule. Dafür gibt es zwar keine Belege, aber eigentlich spräche auch nichts dagegen, den Eltern die Wahl zu lassen. - Ein Teilübergang zu Tagesschulen geht dann aber, zweitens, auch nicht, da Kinder in Tagesschulen Vorteile hätten. Eben dachten wir noch, dass die bedauernswerten Kinder unter Tagesschulen litten. - Kinder wollen, drittens, lieber zu Hause essen. Natürlich ist es daheim gemütlicher, vor allem wenn es keine Tagesschule gibt und daher ein Elternteil da sein muss. Die Mütter organisieren sich lieber selber, statt die Kleinen dem Hort-Schule-Mittagstisch-Schule-Hort-Karussell zu überlassen.
Viertens sei es Kindern nicht zuzumuten, die Betreuungszeit im Schulhaus zu verbringen und die Mahlzeit da einzunehmen. Das mitgebrachte Sandwich oder vorbereitetes Essen im Tupperware ist viel zu ungesund. In der Schule gekochtes Essen wiederum bleibt an Hygiene- und Bauvorschriften hängen. Zum Beispiel weil es unmöglich ist, ein (vielleicht nicht einmal ordnungsgemäss gewaschenes) Salatblatt in regelkonformem Abstand an der WC-Tür vorbeizulotsen.
Es werde, fünftens, den Kindern im heutigen System viel geboten. Doch weshalb senden dann gerade gut ausgebildete Eltern ihre Kinder auf private Tagesschulen? Dort erhalten sie für das Doppelte der ziellosen Hort-Mittagstisch-Betreuung nicht nur eine Tagesschule aus einem Guss plus Fremdsprache; die Tagesschule leistet auch erfolgreich Integration.
In Zeiten knappen Wohnraums leisten wir uns zudem eine unglaubliche Verschwendung von Platz. Eines der Gebäude, Hort oder Schulhaus, steht immer leer. Kein Wunder, sind die Vollkosten der Tagesbetreuung mit
60 Franken pro Tag horrend. Die Kostenbeteiligung der Eltern von nur
20 Prozent dürfte gerade den Verwaltungsaufwand decken. Würde der Hort-Schule-Mittagstisch-Zirkus zu kostendeckenden Preisen kalkuliert, wären Tagesschulen wohl auch finanziell schnell zumutbar.





Es geht nicht darum, Mütter von ihren Kindern zu trennen. Die Kinder nicht berufstätiger Mütter verbringen nämlich an Tagesschulen kaum mehr Stunden als im herkömmlichen Schulbetrieb. Alle anderen Kinder aber leiden unter einer perfektionistischen und zugleich planlosen «Strategie». Höchste Zeit, mit der ungeeigneten Tagesstruktur und der damit verbundenen Verschwendung von Steuergeldern aufzuräumen und Platz zu machen für richtige Tagesschulen - auch für nicht internationale Familien.
NZZaS, 6.11. von Monika Bütler

"Bildung ist kein A-la-carte-Menu"

Schweizer und sesshafte Ausländer dürfen ihre Kinder im Kanton Zürich nicht mehr an internationale Schulen schicken. Dieser Entscheid sorgt weiterhin für Unruhe.
Unzählige Anrufe internationaler Firmen kamen bei der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer in den letzten Wochen herein: IBM, Zurich Financial, Dow Chemical, CS. Die Liste ist nicht abschliessend. Die Anrufer waren alle besorgt über die Schlagzeilen, die sie in ausländischen Zeitungen und auf Webseiten lesen mussten: «Zürich weist Ortsansässige von internationalen Schulen ab».
Die Zürcher Bildungsdirektion hat entschieden, dass Eltern, die in der Schweiz sesshaft sind, ihre Kinder nicht mehr an internationale Privatschulen schicken dürfen. Diese Schulen bilden nicht nach dem Zürcher Lehrplan aus, sondern nach einem System, das international kompatibel ist - ideal für Familien, die aus beruflichen Gründen öfters in ein anderes Land umziehen. Mittlerweile schicken aber auch zunehmend ansässige Eltern - Schweizer und Ausländer - ihre Kinder dorthin. Neu ist der Schulbesuch nur noch für die erste Gruppe erlaubt, eine Einschränkung, die es in ähnlicher Form schon einmal gab, die aber 1998 aufgehoben wurde, weil man sie für zu wenig weltoffen und liberal hielt.
«Ein ganz schlechtes Signal» findet Martin Naville von der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer die erneute Einschränkung. Dem Ruf des Wirtschaftsstandorts Zürich diene das kaum, zumal die anderen Kantone keine solchen Regeln kennen. Zürich habe sich damit «in den eigenen Fuss geschossen». Ähnlich sieht es Peter Mott von der Zurich International School. Die Regelung zeuge von einer Haltung, die der modernen Welt nicht mehr entspreche. Heikel ist die Sache in der Tat. Eine Schulkarriere dauert in Zürich bis zu 15 Jahre. Welche Schule ein Kind besuchen soll, ist also ein eher langfristiger Entscheid. Doch Angestellte internationaler Firmen wissen nicht auf derart lange Zeit hinaus, ob und wann sie die Koffer packen müssen.
Bildungsdirektorin Regine Aeppli verweist auf das Volksschulgesetz, das eine Regelung der Internationalen Schulen verlangt. Eine Zulassungsbeschränkung entspreche dem Willen des Stimmvolks, sagt sie. Internationale Schulen seien erwünscht. Aber es gelte der Grundsatz, dass die sesshaften Kinder nach dem Zürcher Lehrplan zu unterrichten seien, um den Anschluss an die weiteren Bildungsstufen zu garantieren. «Wir wollen nicht, dass Eltern selbst bestimmen, was die Kinder lernen. Bildung ist kein A-la-carte-Menu», sagt Aeppli.
Darüber wird noch diskutiert werden. Die FDP hat diese Woche im Kantonsrat einen Vorstoss eingereicht, um die umstrittene Passage aus dem Gesetz zu streichen. Vorher wird Aeppli Besuch bekommen von Gerhard Pfister, Präsident des Verbands Schweizerischer Privatschulen. Er will wissen, was hinter diesem «wettbewerbsfeindlichen» Entscheid steckt.
NZZaS, 6.11. von Michael Furger

5. November 2011

Luzern: Mundart-Initiative steht

Im Kanton Luzern ist die Volksinitiative "Für Mundart im Kindergarten" mit 4033 Unterschriften zustande gekommen. Hinter der Initiative steht die Junge SVP Luzern. Die Initiative fordert, dass im Kindergarten grundsätzlich die Mundart als Unterrichtssprache eingeführt wird. Heute gilt im Unterricht die Direktive 2/3 Hochdeutsch zu 1/3 Mundart. Die JSVP schreibt, nach Annahme der Initiative werde es weiterhin möglich sein, einzelne Unterrichtsblöcke in Hochdeutsch abzuhalten. 
JSVP-Initiative "Für Mundart im Kindergarten" steht, Neue Luzerner Zeitung, 4.11.

Kleines Rechtschreibequiz

In Zeiten, wo die Rechtschreibung immer mehr dem Computer überlassen wird, ein kleines Quiz. 
P.S. Als Lehrer sollte man ja mehr wissen als die Schüler ...

Bild: Basler Zeitung
Analphabet oder Analfabet? Basler Zeitung, 4.11.

4. November 2011

Schülerzahlen im Thurgau sinken weiter

Die Thurgauer Schulen müssen sich auf weniger Klassen und Schulraum einstellen, wie die Prognosen des Kantons zeigen. Im letzten Jahr sank die Zahl der Volksschüler erstmals unter 30'000. Den Höchststand erreichte man im Jahr 1997.
Die Schülerzahlen sinken weiter, St. Galler Tagblatt, 4.11.